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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Current Social and Economic Issues
GA 332b

10 March 1922, Berlin

Automated Translation

Open letter from Rudolf Steiner Regarding his Resignation as Chairman of the Supervisory Board of “The Coming Day”

To the members of the Anthroposophical and the Free Anthroposophical Society in Germany:

May 1923

My dear friends! The development and reception of anthroposophical endeavors in the present makes it necessary for me to change the way I work. Anthroposophy has revealed itself as a soul need for an ever-increasing number of people; on the other hand, it is increasingly confronted with misunderstandings and misjudgments by many.

This requires that I meet the increased demands for the cultivation of the anthroposophical need more than has been the case since the time when practical institutions of various kinds were formed by the objectives of the friends of our cause. These institutions have arisen in a thoroughly justified way from the intentions of these friends on the basis of the anthroposophical movement. And it was also understandable that when these friends strove for the realization of such practical ideas, the wish arose for me to be involved in the administration of the corresponding institutions. I accommodated this wish, although I was aware that this accommodation, which was a natural obligation, would draw me away from my actual task of caring for the center of anthroposophical work for some time.

For a relatively short period of time, I had to comply with the wishes of my friends. But now I must also take the position that I may continue to work only within this center of anthroposophical life with its artistic and educational implications. I must belong entirely to anthroposophy as such, as well as to its artistic and educational endeavors and the like, and to institutions such as “Kommender Tag” etc. only to the extent that the spiritual impulses of anthroposophy flow into them. In the interest of the anthroposophical cause, I must withdraw from all administrative matters of these institutions. Only in this way will it be possible for me to work as intensively as is necessary in view of their own demands and the rapidly growing opposition.

These are the reasons that move me to resign from the office of chairman of the supervisory board of “Kommenden Tages” now. I ask the friends of the anthroposophical cause not to take this as a sign that the intensive, appropriate and ideal work of “Kommenden Tages” will change. This work is in good hands; and I ask that no degree of trust be withdrawn from it in the future. I am convinced that everything will go better if I now formally place this work in the hands of those who will do it well, and devote myself to the cause to which I have been assigned by fate. Whatever intellectual stimulus I can give to the Clinical-Therapeutic Institute, the Coming-Day Publishing House, the research institutes, the journals, etc., will flow better to them if I am removed from the actual administration. Practically speaking, nothing essential will change within the same, since I have been obliged, even in recent times, to grow into the situation described as necessary for the future through the circumstances I have explained. So it is only the situation that has actually arisen that is being officially established.

I therefore hope that my resignation from the supervisory board of the “Day to Come” will be seen as an expression of my trust in its leadership and that it will become such among the members of the Anthroposophical Societies as well. It should strengthen that trust, not weaken it. If there were any reason to weaken it, I would have to stay. However, the situation is such that I am unnecessarily dependent on the knowledgeable and prudent leadership, and therefore obliged, to return to the anthroposophical cause in the narrower sense.

I ask you to take this as the reason for the step that is now necessary.

Rudolf Steiner

An die Mitglieder der Anthroposophischen und der Freien Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland

Offener Brief Rudolf Steiners

Betreffend Seinen Rücktritt Als Vorsitzender Des Aufsichtsrates Des «Kommenden Tag A.G.»

Meine lieben Freunde! Die Entwicklung und die Aufnahme der anthroposophischen Bestrebungen in der Gegenwart macht eine Änderung meiner Arbeitsweise notwendig. Anthroposophie hat sich auf der einen Seite als ein Seelenbedürfnis einer immer größer werdenden Anzahl von Menschen ergeben; sie sieht sich auf der andern Seite Missverständnissen und unrichtigen Beurteilungen vieler immer mehr gegenübergestellt.

Das erfordert, dass ich den gesteigerten Anforderungen nach Pflege des anthroposophischen Bedürfnisses mehr entgegenkomme, als dies seit der Zeit der Fall sein konnte, seit praktische Institutionen von mancherlei Art sich durch die Zielsetzungen der Freunde unserer Sache gebildet haben. Diese Institutionen sind in durchaus berechtigter Art aus den Absichten dieser Freunde aufgrund der anthroposophischen Bewegung entstanden. Und es war auch begreiflich, dass bei diesen Freunden, als sie nach der Verwirklichung solcher praktischen Ideen strebten, der Wunsch entstand, mich selbst in den Verwaltungen der entsprechenden Institutionen drinnen zu sehen. - Ich bin diesem Wunsche entgegengekommen, obwohl ich mir bewusst war, dass dieses Entgegenkommen einer naturgemäßen Verpflichtung mich von meiner eigentlichen Aufgabe, der Pflege des Zentralen der anthroposophischen Arbeit, für einige Zeit zu stark wegziehen würde.

Für eine verhältnismäßig kurze Frist musste ich den Wünschen der Freunde entsprechen. Aber ebenso muss ich jetzt mich auf den Standpunkt stellen, dass ich weiterhin nur innerhalb dieses Zentralen des anthroposophischen Lebens mit seinen künstlerischen und pädagogischen Auswirkungen tätig sein darf. Ich muss ganz der Anthroposophie als solcher sowie ihren künstlerischen und Schulbestrebungen und Ähnlichem gehören und den Institutionen wie «Kommender Tag» usw. nur insoweit, als die geistigen Anregungen der Anthroposophie in dieselben hineinfließen. Von allem Verwaltungsmäßigen dieser Institutionen muss ich mich im Interesse der anthroposophischen Sache zurückziehen. Nur dadurch wird es möglich sein, dass durch mich in dieser Sache so intensiv gearbeitet werde, wie es angesichts von deren eigenen Anforderungen und der rasch wachsenden Gegnerschaft nötig ist.

Das sind die Gründe, welche mich bewegen, jetzt von dem Amte des Vorsitzenden im Aufsichtsrate des «Kommenden Tages» zurückzutreten. Ich bitte die Freunde der anthroposophischen Sache, dies nicht so aufzufassen, als ob dadurch eine Änderung in der intensiven, sach- und idealgemäßen Arbeit des «Kommenden Tages» einträte. Diese Arbeit ist in guten Händen; und ich bitte, fernerhin keinen Grad des Vertrauens ihr zu entziehen. Ich bin der Überzeugung, dass alles besser gehen werde, wenn ich selbst jetzt diese Arbeit auch formell in die Hände lege, von denen sie gut getan wird, und mich der Sache widme, die mir vom Schicksal zugeteilt ist. Was ich als geistige Anregungen dem Klinisch-therapeutischen Institut, dem Kommenden-Tag-Verlag, den Forschungsinstituten, den Zeitschriften usw. geben kann, wird diesen besser zufließen, wenn ich aus der eigentlichen Administration herausgelöst bin. Praktisch wird sich innerhalb derselben nichts Wesentliches ändern, da ich genötigt war, schon in der letzten Zeit durch die dargelegten Verhältnisse in den für die Zukunft als notwendig geschilderten Zustand hineinzuwachsen. Es wird also nur der faktisch entstandene Zustand auch offiziell festgelegt.

So hoffe ich denn, dass mein Austritt aus dem Aufsichtsrat des «Kommenden Tages» als eine Vertrauenskundgebung meinerseits für dessen Leitung aufgefasst und zu einer solchen auch bei den Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaften werden wird. Er soll das Vertrauen stärken, nicht schwächen. Wäre Grund zu einer Schwächung vorhanden, so müsste ich bleiben. Die Sache liegt aber so, dass ich der sachkundigen, umsichtigen Leitung fernerhin unnötig und daher verpflichtet bin, zu der anthroposophischen Sache im engern Sinne zurückzukehren.

Dies bitte ich als Begründung des jetzt notwendigen Schrittes aufzufassen.

Rudolf Steiner