The History and Content of the
Esoteric School 1904–1914
Volume Two
GA 265
Translated by Steiner Online Library
Two letters from Emil Adriányj to Rudolf Steiner
I
Nuremberg, September 3, 1906
... I deeply regret that your time did not allow you to give me a short, undisturbed hearing during one of your repeated visits to Nuremberg, which I asked Mr. Bauer to convey. I would have liked to ask you for your open and honest opinion on a certain matter, which is now very often associated with your name. Personally, I am very curious about how certain events, which have caused great astonishment in certain circles, are judged by you. Likewise, I find no explanation as to how it is possible that the head of the E. S. of the Theosophical Society in Germany could get in touch with similar people, whose names alone must be highly compromising for the reputation of a “Theosophical Society”, since the Society has not shied away from removing one of its oldest and most well-known members from its midst for similar acts of black magic, without a word or sound? ...1Refers to the so-called “Leadbeater case”. See the volume 'Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914', GA 264, p. 263 ff, and 'The Elder Brother. A Biography of Charles Webster Leadbeater by Gregory Tillet', London 1982.
II
Nuremberg, September 8, 1906
I gratefully acknowledge receipt of your esteemed letter of the 4th of this month and am pleased to take note of its contents.2Unfortunately, this letter from Rudolf Steiner is unknown.
The fact that your name has been mentioned in connection with Reuss ever since issue 1/6 of Oriflamme appeared and that it has also been discussed in the Masonic press is probably because, according to Oriflamme, you do belong to the Order and its Sanctuary, as well as to Mystica Aeterna. What judgment these publications pass on the other content of the Oriflamme can be seen from the following excerpt from a note in the Braunschweig Lodge Correspondence.3No longer available.
I regret this, not least in the interest of the T.S., and would like to leave it to you to also deliver your declaration of having nothing in common with Reuss to the masonic journals, especially since something will be read about Reuss again soon.
This is not only about your own prestige, but also about the good reputation of people who must value you more than the Reussian order-making, which exploits your person as a reference.
Since you were kind enough to hint to me your concise views on the charges against Reuß, I will respond with the same candor by sharing with you my view, arrived at from Reuß's own letters, from Dotzler's latest statement, and from a thorough study of the Cerneau, Memphis and Misraim rites. that the Reussian order itself knows of, possesses, or has awarded no “exercises,” nor awards them abroad. The exercises that Reuss has announced to a select inner circle of disciples have been composed by him (supposedly after consultation with Dr. Kellner) or, in imitation of the T.S. [Theosophical Society], combined with the current “A. Pr. Rite“ [Alter Primitive Rite] were combined, whereby the advertisement with the ‘conscious union with the original creative power’ was made possible.4This is mentioned in the manifesto of the historical edition of the ‘United Scottish, Memphis and Misraim Freemasonry’. See the text in Rudolf Steiner's lecture Berlin, December 9, 1904, in the volume “The Temple Legend and the Golden Legend,” CW No. 93, pp. 97f. Reuss's order does not have an actual authorization to issue occult “exercises”; it would be difficult to provide irrefutable proof in this regard. In any case, however, it is my personal opinion that the T.S. would not have needed the help of a Reuß for such exercises.5Adriányj apparently did not know that Rudolf Steiner did not need to accept exercises from any source. Since the aforementioned has given his “exercises” without any kind of warning (such as that of Mme. Blavatsky in volume III of “Secret Doctrine”) and without emphasizing the necessity of a moral way of life (the “Address to the Pupils of the Occult Degree”, which now belongs to it, was first written by me to make up for this omission) and his successes manifested themselves, not on the devachanic plane, but on the astral plane, through a kind of mediumistic apparition, I soon came to suspect, after receiving the first “exercise,” that Reuß is either ignorant or terribly reckless in this area as well. In addition, the exercises had no success whatsoever, even after months of practice, for many people who are highly developed morally.
Aus zwei Briefen von Emil Adriányj an Rudolf Steiner
I
Nürnberg, 3. September 1906
... Ich bedaure herzlich, daß es Ihnen Ihre Zeit nicht erlaubt hat, mir gelegentlich Ihrer wiederholten Besuche in Nürnberg eine kurze Zeit ungestört Gehör schenken zu können, was zu vermitteln ich Herrn Bauer gebeten habe. Ich hätte Sie gerne um Ihre offene und ehrliche Meinung über eine gewisse Angelegenheit befragt, die jetzt mit Ihrem Namen sehr häufig in Verbindung zu hören ist. Persönlich bin ich über das, wie gewisse in bestimmten Kreisen große Verwunderung erregende Vorkommnisse von Ihnen beurteilt werden, sehr neugierig. Ebenso finde ich dafür keine Erklärung, wie es möglich ist, daß der Leiter der E. S. der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland mit ähnlichen Leuten in Verbindung treten konnte, deren Namen allein schon höchst kompromittierend für das Renommé einer «Theosophischen Gesellschaft» sein muß, da doch die Gesellschaft sich nicht gescheut hat, wegen ähnlicher Vergehen schwarzer Magie eines ihrer ältesten und durch seine Werke überall bekannten Mitgliedes vor kurzer Zeit sang- und klanglos aus ihrer Mitte zu entfernen? ...1Bezieht sich auf den sog, «Fall Leadbeater». Vgl. den Band «Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914», GA 264, S. 263 ff, sowie «The Elder Brother. A Biography of Charles Webster Leadbeater by Gregory Tillet», London 1982.
II
Nürnberg, 8. September 1906
Ich bestätige mit bestem Dank den Empfang Ihres geschätzten Schreibens vom 4.d.M. und nehme von seinem Inhalt mit Vergnügen Kenntnis.2Dieser Brief Rudolf Steiners ist leider unbekannt.
Daß Ihr Name seit dem Erscheinen des Heftes 1/6 der «Oriflamme» stets in Verbindung mit Reuß genannt wird und auch in der freimaurerischen Presse pertraktiert wurde, hat wohl seinen Grund darin, daß Sie laut Zeugnis dieser «Oriflamme» doch dem Orden und seinem Sanctuarium, wie auch der «Mystica aeterna» angehören. Welche Beurteilung seitens dieser Blätter der sonstige Inhalt der «Oriflamme» erfährt, belieben Sie aus mitfolgender Abschrift einer Notiz der Braunschweiger Logen-Korrespondenz zu ersehen.3Liegt nicht mehr vor.
Schon im Interesse der T.S. bedaure ich dies und würde Ihnen gerne anheimstellen, Ihre Erklärung, mit Reuß nichts gemeinsam zu haben, auch den maurerischen Blättern zuzustellen, zumal über Reuß demnächst wieder etwas zu lesen sein wird.
Es handelt sich dabei nicht nur um Ihr eigenes Prestige, sondern auch um den guten Ruf von Personen, die Ihnen mehr gelten müssen als die Reuß’sche Ordensmacherei, die Ihre Person als Referenz ausnützt.
Da Sie so freundlich waren, mir Ihre bündigen Ansichten über das, wessen Reuß beschuldigt wird, anzudeuten, so will ich Ihnen mit derselben Offenheit als meine - sowohl aus älteren Reuß’schen Briefen, aus der neuesten Erklärung Dotzlers, als auch aus einem gründlichen Studium des Cerneau-, Memphis- und Misraim-Ritus - gewonnene Ansicht kundgeben, daß der Reuß’sche Orden selber absolut keine «Übungen» kennt, besitzt oder zu vergeben hat, noch im Ausland vergibt. Die Übungen, die Reuß einem von ihm ausgewählten inneren Schülerkreis bekanntgegeben hat, sind von ihm selber (angeblich nach Rücksprache mit Dr. Kellner) verfaßt beziehungsweise in Nachahmung der T.S. [Theosophical Society] mit dem jetzigen «A. Pr. Ritus» [Alter Primitiver Ritus] verquickt worden, wodurch die Reklame mit der «bewußten Vereinigung mit der Ur-Schöpferkraft» ermöglicht wurde.4Davon ist im Manifest der Historischen Ausgabe der «Vereinigten Schottischen, Memphisund Misraim-Maurerei» die Rede. Siehe den Text im Vortrag Rudolf Steiners Berlin, 9. Dezember 1904, in dem Band «Die Tempellegende und die Goldene Legende», GA Nr. 93, S. 97f. Eine tatsächliche Berechtigung zur Erteilung okkulter «Übungen» hat Reußens Orden nicht; nach der Richtung hin dürfte sich ein unwiderlegbarer Beweis schwer erbringen lassen. Jedenfalls aber bin ich der persönlichen Meinung, daß die T.S. bezüglich solcher Übungen der Mithilfe eines Reuß nicht bedurft hätte.5Adriányj wußte offenbar nicht, daß Rudolf Steiner es nicht nötig hatte, Übungen von irgendeiner Seite entgegenzunehmen. Da der Genannte seine «Übungen» ohne jederlei Warnung (wie zum Beispiel jene der Mme. Blavatsky im Band III der «Secret Doctrine») und ohne auf die Notwendigkeit moralischer Lebensführung zu dringen erteilt hat (die jetzt dazu gehörige «Ansprache an die Schüler des Okkulten Grades» wurde auf dieses hin erst von mir verfaßt, um dieses Versäumnis gutzumachen) und sich seine Erfolge anstatt auf der devachanischen, vorerst auf der Astralebene durch eine Art medianime Erscheinungen manifestieren, so bin ich bald nach Erhalt der ersten «Übung» zur Vermutung gekommen, daß Reuß auch auf diesem Gebiet entweder ein Ignorant oder ein fürchterlich leichtsinniger Patron ist. Dazu kommt, daß bei vielen moralisch sehr hochentwickelten Personen die Übungen selbst nach Monaten keinerlei Erfolg hatten...