The Essence of Christianity
GA 68a
25 March 1904, Weimar
Automated Translation
VIII. Theosophy in the Gospels — An Easter Reflection
Report in “Germany, Weimarische Landeszeitung”, Second Sheet, March 27, 1904
Theosophical lecture. On Friday evening, Dr. Rudolf Steiner gave the sixth of his theosophical lectures in the large recreation room on the subject of “Theosophy in the Gospels. An Easter Meditation”.
The speaker showed what deep meaning can be found in the legends and myths of different peoples when one seeks to get to the bottom of them from the point of view of an allegorical view of nature. At all times, the deep harmony between the striving human soul and the phenomena of nature was felt. When, with each new spring, the sun increases its power and coaxes the dormant germination forces of plants out of the womb of the earth, it was felt that a similar process of a spiritual nature takes place within man. The sun became a parable of the eternal spirit of the world, which is able to awaken the slumbering soul-germ in man when the time has come for him, to lure the spiritual man out of the physical. Of the many legends whose meaning can be found in this direction, the speaker highlighted the Argonaut saga. Jason is the symbol of the dying man. He obtains the fleece of the ram, which is the symbol of the power by which man ascends to the heights of spiritual life. Just as the sun is in the sign of Aries or the ram in spring and receives new strength through its union with this constellation, so man achieves his highest goal through union with the higher spiritual power, with the “lamb”, as a sign of divine power. Thus the course of the sun became the parable of human life, and the appearance of the spring sun the symbol of the resurrection of the human spirit from the bonds of sense life. Christ Himself therefore calls Himself the “Lamb of God” (John 1:29). What the old pagan myths expressed in their imagery – that man must celebrate an Easter of his inner being – is expressed in a sublime way in the greatest event of world history, in the appearance of the “Passover Lamb”, the Son of God. And what was previously only made accessible to a few in secret temple sites, in the so-called “consecrations” or mysteries, was brought by Jesus of Nazareth to all of humanity. For in his infinite compassion, he wanted that “blessed” should also become those who believed, even if they did not see. (John 20:29) By “seeing” is meant “initiation” into the mysteries, which only made it possible for the chosen ones to receive the truth in a pure form, while the others had to be satisfied only with the symbol, with the myth. Through Christ's sacrificial death, all were granted in the period that followed what previously had only borne fruit for a few. That is why Peter said in reference to the gospel in relation to the earlier mythical popular religions: “We have proclaimed to you the power and the presence of our Lord Jesus Christ, not following carefully thought-out myths, but as eyewitnesses of his glory.” (2 Peter 1:16)
The speaker then gave a full explanation of the “miracle of Lazarus” to show how Jesus himself first underwent an initiation in the sense of the old mysteries. Only those who understand this account of the resurrection of Lazarus recognize that it is an Easter of the spirit, not an ordinary death, but the death of the sensual man in whom the spiritual man is awakened. Jesus says this Himself: “I am the resurrection and the life. He who believes in Me, even though he die, yet shall he live.” (John 11:25) The illness of Lazarus is a birth, namely that of the higher spiritual man from the earthly, sensual man. Again, this is witnessed by Jesus' word: “The sickness is not unto death, but for the glory of God, that the Son of God might be honored thereby.” (John 11:4) Christ thus showed before all people what He had explained as a theosophical teaching in the glorious conversation with Nicodemus (cf. John 3): “Truly, truly, I say to you, unless one is born of water and the Spirit, he cannot enter the kingdom of God.” (John 3,5) The speaker showed at various points in the Gospel how it is a proclamation of the “inner Easter of the human soul”, the message of the resurrection of the spiritual man. He argues that the most sublime truth of Christianity is found precisely when the Gospels are taken “literally”. One must only have prepared oneself through theosophy to really understand the deep “spirit” of the words of the scriptures. What the ancient myths have hinted at in pictures, the story of the suffering and resurrection of the Son of God has presented as an historical fact to all of humanity. From this point of view, the great intentions of the Sermon on the Mount are also revealed, which (in the correct translation) begins with the “theosophical” words (Matt. 5,3): “Blessed are those who long for the Spirit, for they will find the Kingdom of Heaven within themselves.”
Theosophie in den Evangelien — Eine Osterbetrachtung
Bericht in «Deutschland, Weimarische Landeszeitung», Zweites Blatt, vom 27. März 1904
Theosophischer Vortrag. Am Freitagabend hielt Dr. Rudolf Steiner im großen Erholungssaale den sechsten seiner theosophischen Vorträge über die « Theosophie in den Evangelien. Eine Osterbetrachtung».
Der Redner zeigte, welche tiefe Bedeutung in den Sagen und Mythen der verschiedenen Völker gefunden werden kann, wenn man ihnen von dem Gesichtspunkte einer sinnbildlichen Naturbetrachtung auf den Grund zu kommen sucht. Zu allen Zeiten wurde der tiefe Einklang zwischen der strebenden Menschenseele und den Erscheinungen der Natur gefühlt. Wenn in jedem neuen Frühling die Sonne ihre Kraft erhöht und aus dem Mutterschoß der Erde die schlummernden Keimkräfte der Pflanzen hervorlockt, so fühlte man, dass im Innern des Menschen ein ähnlicher Vorgang in geistiger Art sich abspiele. Die Sonne wurde zum Gleichnis des ewigen Weltengeistes, der imstande ist, wenn für den Menschen die Zeit gekommen ist, dessen schlummernden Seelenkeim zu erwecken, aus dem leiblichen den geistigen Menschen hervorzulocken. Von den vielen Sagen, deren Bedeutung in dieser Richtung zu suchen ist, hob der Redner die Argonautensage heraus. Jason ist das Sinnbild des sterbenden Menschen. Er holt das Widderfell, das ist das Sinnbild der Kraft, durch die der Mensch zu den Höhen des geistigen Lebens aufsteigt. Wie die Sonne im Frühling im Zeichen des Widders oder Lammes steht und durch die Vereinigung mit diesem Sternbilde die neue Kraft erhält, so erringt der Mensch durch die Vereinigung mit der höheren Geisteskraft, mit dem «Lamm>», als Zeichen der Gotteskraft, sein höchstes Ziel. Der Sonnenlauf wurde so zum Gleichnis des Menschenlebens, das Erscheinen der Frühlingssonne zum Sinnbild der Auferstehung des Menschengeistes aus den Banden des Sinnenlebens. Christus selbst bezeichnet sich deshalb als das «Lamm Gottes» (Joh 1,29). Was die alten heidnischen Mythen im Bilde sagten: dass der Mensch ein Osterfest seines Inneren feiern müsse, das kommt in erhabener Art in dem größten Ereignisse der Weltgeschichte, in dem Erscheinen des «Osterlammes», des Gottessohnes, zum Ausdruck. Und was vorher nur in geheimen Tempelstätten, bei den sogenannten «Weihen» oder Mysterien, einzelnen wenigen zugänglich gemacht wurde, das brachte Jesus von Nazareth der ganzen Menschheit. Denn in seinem unendlichen Mitleid wollte er, dass «selig» auch die werden sollten, die glaubten, auch wenn sie nicht schauten. (Joh 20,29) Mit dem «Schauen» ist die «Einweihung» in die Mysterien gemeint, die nur Auserwählten es ermöglichte, die Wahrheit in reiner Gestalt zu erhalten, während die anderen sich nur an dem Sinnbilde, an dem Mythus befriedigen mussten. Durch den Opfertod Christi wurde für die Folgezeit allen zuteil, was vorher nur wenigen Früchte trug. Deshalb sagte Petrus in Bezug auf das Evangelium im Verhältnis zu den früheren mythischen Volksreligionen: «Nicht ausgeklügelten Mythen folgend, haben wir euch die Kraft und die Gegenwart unseres Herrn Jesus Christus verkündet, sondern als Augenzeugen seiner Herrlichkeit.» (2 Petr 1,16)
Der Redner zeigte nun durch eine vollständige Erklärung des «Lazaruswunders», wie Jesus selbst zuerst im Sinne der alten Mysterien eine Einweihung vollzog. Denn nur der verstehe diese Erzählung von der Auferweckung des Lazarus, der erkennt, dass es sich dabei um ein Osterfest des Geistes handelt, nicht um einen gewöhnlichen Tod, sondern um den Tod des sinnlichen Menschen, in dem der geistige Mensch erweckt wird. Jesus sagt das selbst: «Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe.» (Joh 11,25) Die Krankheit des Lazarus ist eine Geburt, nämlich die des höheren geistigen Menschen aus dem irdischen, sinnlichen. Wieder wird das durch Jesu Wort bezeugt: «Die Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Ehre Gottes, dass der Sohn Gottes dadurch geehret werde.» (Joh 11,4) Christus hat damit vor allem Volke gezeigt, was er als theosophische Lehre in dem herrlichen Gespräche mit Nikodemus auseinandergesetzt hatte (vergl. Joh. 3. Kapitel): «Wahrlich, ich sage dir: es sei denn, dass jemand geboren werde aus der Seele und dem Geiste, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.» (Joh 3,5) Der Redner zeigte an verschiedenen Stellen des Evangeliums, wie dieses eine Verkündigung des «inneren Osterfestes der Menschenseele» ist, die Botschaft von der Auferstehung des Geistmenschen. Er vertritt die Anschauung, dass man gerade dann zu der erhabensten Wahrheit des Christentums kommt, wenn man die Evangelien «wörtlich» nimmt. Man muss nur durch die Theosophie sich vorbereitet haben, den tiefen «Geist» der Schriftworte wirklich zu verstehen. Was die alten Mythen im Bilde angedeutet haben, das hat die Leidens- und Auferstehungsgeschichte des Gottessohnes als historische Tatsache vor die ganze Menschheit hingestellt. Von diesem Gesichtspunkte aus enthüllen sich auch die großen Absichten der Bergpredigt, die (in richtiger Übersetzung) mit den «theosophischen» Worten beginnt (Mt 5,3): «Selig sind, die da lechzen nach Geist, denn sie werden in sich selbst die himmlischen Reiche finden.»