Collected Essays on Drama 1889–1900
GA 29
Automated Translation
Magazin für Literatur 1898, Volume 67, 43
95. “Der Herr Sekretär”
Funny play by Maurice Hennequin
Performance at the Residenz-Theater, Berlin
Maurice Hennequin's farce "Der Herr Sekretär" (Inviolable), which is now being performed at the Residenz-Theater, could have become something if the author had used his few dozen ideas to write a satire on theater making that lives solely from the most improbable mix-ups. For he has developed the nonsense of confusion to the most fantastic method. There is hardly a character in this play who is not mistaken for someone else. And there is nothing that does not have this folly as its cause. But the author has not written a satire, only one of the above-mentioned jokes. The events seem like a mockery of all reason, but the author is not mocking, he is serious about the stupidity. The main role, the secretary, is played by Richard Alexander. I can't find anything wrong with this actor, who is a first-rate attraction in Berlin. His every word, every movement, everything is coquettish stagecraft. And because he practises this art with grotesque perfection, its flaws are revealed in an almost repulsive form. Nowhere is there any question as to what arises naturally from the plot or situation, but only how something has to be said or done so that the audience can't stop laughing. I like Eugen Pansa, who plays a narrow-minded and vain member of parliament, better. He achieves something similar to Alexander, but with moderation and in the way the play demands.
«DER HERR SEKRETÄR»
Schwank von Maurice Hennequin
Aufführung im Residenz-Theater, Berlin
Aus dem Schwank «Der Herr Sekretär» (Inviolable) von Maurice Hennequin, der jetzt im Residenz-Theater aufgeführt wird, hätte etwas werden können, wenn der Verfasser seine paar Dutzend Einfälle dazu benutzt hätte, eine Satire auf die Theatermacherei zu schreiben, die einzig und allein von unwahrscheinlichsten Verwechslungen lebt. Denn er hat den Verwechslungsunsinn bis zur tollsten Methode ausgebildet. Es gibt in diesem Stücke kaum eine Person, die nicht für eine andere gehalten wird. Und es gibt nichts, was nicht diese Tollheit zur Ursache hätte. Aber der Autor hat keine Satire, sondern nur einen von den genannten Schwänken geschrieben. Die Vorgänge nehmen sich wie ein Spott auf alle Vernunft aus; der Verfasser aber spottet nicht, sondern meint die Dummheit ernst. Die Hauptrolle, den Sekretär, hat Richard Alexander inne. Ich kann an diesem Schauspieler, der in Berlin eine Zugkraft ersten Ranges ist, nichts finden. Jedes Wort, jede Bewegung, alles ist kokette Kulissenkunst bei ihm. Und da er diese Kunst mit einer grotesken Vollkommenheit übt, treten ihre Fehler in geradezu widerwärtiger Gestalt zutage. Da wird nirgends mehr danach gefragt, was sich aus der Handlung oder Situation auf natürliche Weise ergibt, sondern nur, wie etwas gesagt oder gemacht werden muß, damit die Zuhörer aus dem Lachen nicht herauskommen. Da gefällt mir schon Eugen Pansa, der einen bornierten und eitlen Abgeordneten spielt, besser. Er bringt etwas Ähnliches zustande wie Alexander, aber mit Mäßigung und so, wie es das Stück verlangt.