Collected Essays on Drama 1889–1900
GA 29
Automated Translation
Magazin für Literatur 1898, Volume 67, 38
88. “Married Life”
Drama in three acts by Georg von Ompteda
Performance at the Lessing Theater, Berlin
This play is one of those plays that can only be enjoyed if one has a point of view in the field of social life that corresponds to that of the parochial politician in public affairs. A certain degree of philistinism is required if the conflicts involved are not to be perceived as too insignificant for a play lasting over two hours. Viktor Schröter is one of those better philistines who "enjoy their youth" and, when they have enjoyed it enough, sail into the harbor of a marriage that would please even the strictest pastor. But as the little ship approaches safe land, a somewhat unpleasant rumor spreads around it. The debt-ridden Viktor needs a dirty fellow to pay his taxes, the matchmaker Suberseaux, who introduces him to the orphaned millionaire Hedwig, who is limping on one leg. The brave matchmaker receives a commission in return, which Schröter hands over from his captured wife's money. The marriage is a happy one. Schröter gradually falls in love with his Hedwig, as if he had not bought her and as if she had not brought millions into his house. She is the "ideal" of a woman. She has fallen in love at first sight, for that is how true love must express itself. She has no idea how Viktor has fallen in love with her and believes that she would be eternally unhappy if a man had taken her for her money. This distresses Viktor, who has become so well-behaved, and he always wants to confess his "secret". In order for there to be a dramatic conflict, this must not go easily. The long-gone matchmaker has to reappear. He comes back to the house because he needs money again. Some kind of sleazy story forces him to quickly flee to America. Viktor is supposed to give him the money if he wants to prevent the wretched fellow from disturbing the happy marriage and bringing to light how to become a happy husband. But Viktor, as I said, has become a good boy, and he shows the fortune-bringer the door. He wants to confess anyway. But such fortune-makers are not so easily fobbed off. He comes back and meets the woman alone. As she is, as already mentioned, an "ideal", she awakens a human stirring even in this filthy mediator's heart, and the brave man tells her that the noble Viktor had also once gambled and that he is now there to collect the gambling debts. Hedwig shows solidarity with Viktor and makes him pay the "debt". But the good guy confesses, and Mrs. Hedwig is quite sad for a while. But of course she forgives him and everything turns out well.
These are conflicts that not everyone can understand. You always have the feeling: why go to all this trouble? But if you are predisposed to take these things seriously, then you have to enjoy the finely constructed, albeit somewhat sluggish pace of the plot. If you are not inclined to do so, then you simply have to realize that you are not one of those for whom such plays are written.
For me, the performance at the Lessing Theater was more interesting than the play. As far as I know the circumstances, I have to say: I don't think that any other stage in Berlin currently offers such good performances. The director's art is quite extraordinary here. And as far as the individual performances are concerned, Ferdinand Bonn's Viktor Schröter, Hedwig Elise Sauer and Adolf Klein's matchmaker were worked out in such a way that it was a pleasure to follow them in every nuance. The performance suggests the very best for the time when the Lessing Theater will be able to offer a drama that can count on a deeper interest. Of course, directors can't just pull good plays out of the ground. But those who want to have their plays performed in a worthy manner now know that it is now possible at the Lessing Theater.
«EHELICHE LIEBE»
Drama in drei Aufzügen von Georg von Ompteda
Aufführung im Lessing-Theater, Berlin
Dieses Schauspiel ist eines von den Theaterstücken, die man nur genießen kann, wenn man auf dem Gebiete des gesellschaftlichen Lebens auf einem Standpunkte steht, dem in öffentlichen Angelegenheiten derjenige des Kirchturmpolitikers entspricht. Ein gewisser Grad von Philiströsität gehört dazu, wenn man die Konflikte, um die es sich handelt, nicht als zu unbeträchtlich für ein über zwei Stunden dauerndes Stück empfinden will. Viktor Schröter ist einer von jenen besseren Spießbürgern, die «ihre Jugend genießen» und, wenn sie genug genossen haben, in den Hafen einer Ehe einfahren, die jedes strengsten Pastors höchstes Wohlgefallen erregen kann. Nur verbreitet sich bei ihm um das Schifflein, als es sich dem sichern Lande nähert, ein etwas übler Gesuch. Denn der schuldenbeladene Viktor braucht zum Steuern einen gar schmutzigen Gesellen, den Heiratsvermittler Suberseaux, der ihm die mit einem Bein hinkende, verwaiste Millionärin Hedwig zuführt. Der wackere Vermittler bekommt dafür Provision, die Schröter von dem Gelde seiner erbeuteten Frau abgibt. Die Ehe wird eine glückliche. Schröter verliebt sich so nach und nach in seine Hedwig, ganz als wenn er sie nicht gekauft und als wenn sie ihm nicht Millionen ins Haus gebracht hätte. Sie ist das «Ideal» eines Weibes. Auf den ersten Blick hat sie sich verliebt, denn so muß die rechte Liebe sich äußern. Sie ahnt nichts von der Art, wie sich ihr Viktor in sie verliebt hat und ist der Ansicht, daß sie ewig unglücklich sein würde, wenn ein Mann sie wegen ihres Geldes genommen hätte. Das bedrückt den mittlerweile so brav gewordenen Viktor sehr, und er möchte immer sein «Geheimnis» beichten. Damit es einen dramatischen Konflikt gibt, darf das nicht einfach gehen. Der längst überwundene Heiratsvermittler muß wieder auftreten. Er kommt noch einmal ins Haus, weil er wieder Geld braucht. Irgendwelche schmierige Geschichten zwingen ihn, rasch nach Amerika zu verduften. Viktor soll ihm das Geld dazu geben, wenn er vermeiden will, daß der elende Kerl die glücklich gewordene Ehe störe und ans Tageslicht bringe, wie man ein froher Gatte wird. Viktor ist aber, wie schon gesagt, brav geworden, und er weist dem Glückbringer die Türe. Er will ja ohnehin beichten. Doch solche Schicksalmacher lassen sich nicht so schnell abspeisen. Er kommt wieder und trifft die Frau allein. Da sie, wie auch schon gesagt, ein «Ideal» ist, erweckt sie selbst in diesem schmutzigen Vermittlerherzen ein menschlich Rühren, und der Wackere sagt ihr, der edle Viktor hätte eben auch einmal gejeut, und er sei jetzt da, die Spielschulden einzukassieren. Hedwig ist mit Viktor solidarisch und veranlaßt ihn, die «Schulden» zu bezahlen. Der Gute beichtet aber doch, und Frau Hedwig wird einige Zeit recht traurig. Aber natürlich verzeiht sie, und alles wird gut.
Das sind Konflikte, für die eben nicht jeder Mensch Verständnis haben kann. Man hat immer das Gefühl: wozu all die Umstände? Ist man aber dazu veranlagt, diese Dinge ernst zu nehmen, dann muß man auch an dem fein aufgebauten, wenn auch etwas schleppenden Gang der Handlung Vergnügen finden. Ist man dazu nicht veranlagt, dann muß man sich einfach klarmachen, daß man nicht zu denen gehört, für die solche Stücke geschrieben werden.
Für mich war die Aufführung im Lessing-Theater interessanter als das Stück. Soweit ich die Verhältnisse kenne, muß ich sagen: ich glaube nicht, daß man gegenwärtig auf einer anderen Berliner Bühne so gute Aufführungen bietet. Die Kunst des Regisseurs bringt hier ganz Außerordentliches zustande. Und was die Einzelleistungen betrifft, so waren der Viktor Schröter Ferdinand Bonns, die Hedwig Elise Sauers und der Heiratsvermittler Adolf Kleins in einer Art ausgearbeitet, daß man sie in jeder Nuance gerne verfolgte. Die Aufführung läßt das Allerbeste für den Zeitpunkt erwarten, in dem das Lessing-Theater ein Drama wird bieten können, das auf ein tieferes Interesse rechnen kann. Natürlich können Direktoren nicht gute Stücke aus der Erde stampfen. Die aber, welche ihre Stücke in würdiger Weise gespielt haben wollen, wissen nun, daß es jetzt im Lessing-Theater möglich ist.