Collected Essays on Drama 1889–1900
GA 29
Automated Translation
Magazin für Literatur 1897, Volume 66, 44
61. “Jugendfreude”
Comedy in four acts by Ludwig Fulda
Performance at the Deutsches Theater, Berlin
The few hisses that made themselves felt on Saturday after each performance of Fulda's play "Jugendfreunde" seem to me to stand on a position of judgment that the critic must not take towards the amusing, amiable work. Nothing makes the critic more boring, superfluous and ridiculous than applying standards which are excluded by the nature of a work and by the author's intentions with it. Certainly there is a point of view from which one can criticize the drawing of the characters and the course of the plot in "Jugendfreunde". I believe, however, that the best refutation of such criticism is the fact that the critic, if he indulges in unbiased and naïve enjoyment, must smile and laugh heartily for two hours at these "friends of youth" and that the contradictions in which they become entangled through the contrast between their views and their real lives are quite true to nature and wittily portrayed by the author.
Four companions stick together faithfully and spend their lives as they please. Three of them get engaged in the first elevator. They believe that their wives will fall into each other's arms just as the men did when they were bachelors. Instead, the women quarrel at the first opportunity that brings them together and say the worst things to each other. The friends soon convince themselves that they must continue their merry life without the women. This seems easy enough, as the fourth man behaves for three acts as a vigorous opponent of marriage. Why shouldn't the three friends meet twice a week in his "bachelor pad" for cozy get-togethers without their wives? The three married men are already in agreement when the fourth surprises them by deciding to marry his stenographer. And since he has obviously made a luckier catch than the three companions, he is not at all inclined to grant his companions, blessed by fate with troublesome marital halves, a rendezvous through which they can happily dream themselves back to their bachelor days again and again.
Fulda lets the opposites collide in an amusing way. It is not his style to use situational jokes to create entanglements and solutions. Everything emerges from the characters with a certain necessity. This necessity, however, is not one that is drawn from the deep, psychological depths of the soul, but it seems to me that Fulda is not at all wrong in the easy way he takes people and things. In life, we are no more interested in people like those in Fulda's play than the author shows us. Fulda tells us just as much about them as we wish to know about them. A greater deepening of the characters and intricacies would, in my opinion, give the impression of ponderousness. I consider the witty, light way of playing with the characters and plots to be an excellent quality of the author of "The Friends of Youth".
However, I believe that only such an excellent performance can help the play to achieve the effect I have described, as the German Theater did on Saturday. In Mr. Nissen, Mr. Rittner, Mr. Sauer and Mr. Thielscher, the four youthful friends found four actors who expressed the author's intentions magnificently. And the female troublemakers were well characterized by the ladies Trenner, Schneider and Eberty. If Miss Lehmann had been able to portray the stenographer so gracefully that one could have believed in the conversion of Martens, the opponent of the marriage, there would not have been the slightest objection to the performance.
«JUGENDFREUNDE»
Lustspiel in vier Aufzügen von Ludwig Fulda
Aufführung im Deutschen Theater, Berlin
Die paar Zischer, die sich am Sonnabend nach jedem Aufzuge des Fuldaschen Stückes «Jugendfreunde» bemerkbar machten, scheinen mir auf einem Standpunkte der Beurteilung zu stehen, den der Kritiker der amüsanten, liebenswürdigen Arbeit gegenüber nicht einnehmen darf. Durch nichts macht sich der Kritiker langweiliger, überflüssiger und lächerlicher als durch Anlegung von Maßstäben, die durch die Natur eines Werkes und durch die Absichten, die der Autor mit ihm hat, ausgeschlossen sind. Gewiß gibt es einen Standpunkt, von dem aus man an der Zeichnung der Charaktere und dem Verlaufe der Handlung in den «Jugendfreunden» eine oppositionelle Kritik üben kann. Ich glaube jedoch, die beste Widerlegung einer solchen Kritik ist der Umstand, daß der Kritiker, wenn er unbefangen und naiv sich dem Genusse hingibt, zwei Stunden lang über diese «Jugendfreunde» herzhaft lächeln und auch lachen muß und daß die Widersprüche, in die sie sich durch den Gegensatz ihrer Ansichten und ihres wirklichen Lebens verwickeln, durchaus naturwahr und von dem Autor auf geistreiche Art dargestellt sind.
Vier Kameraden halten treu zusammen und verbringen ihr Leben, wie es ihnen behagt. Drei davon verloben sich im ersten Aufzug. Sie glauben, daß ihre Frauen sich ebenso in die Arme fallen werden, wie es die Männer als Junggesellen getan haben. Statt dessen zanken die Frauen bei der ersten Gelegenheit, die sie zusammenführt, und sagen voneinander die übelsten Dinge. Die Freunde überzeugen sich bald, daß sie ihr fröhliches Leben ohne die Frauen fortsetzen müssen. Das scheint ganz leicht zu sein, denn der vierte gebärdet sich drei Akte lang als energischer Gegner der Ehe. Warum sollten sich die drei Freunde nicht zweimal in der Woche in seiner «Junggesellenbude» zu gemütlichen Zusammenkünften ohne ihre Frauen einfinden? Schon sind die drei Verheirateten einig, da überrascht sie der vierte mit dem Entschlusse, seine Stenographin zu ehelichen. Und da er augenscheinlich einen glücklicheren Fang getan hat als die drei Gefährten, so ist er gar nicht geneigt, den vom Schicksal mit lästigen Ehehälften gesegneten Kameraden ein Stelldichein zu gewähren, durch das sie sich fröhlich immer wieder in ihre Junggesellenzeit zurückträumen können.
In lustiger Weise läßt Fulda die Gegensätze aufeinanderstoßen. Es ist nicht seine Art, Situationswitze zur Herbeiführung von Verwicklungen und Lösungen zu benutzen. Es geht alles aus den Charakteren mit einer gewissen Notwendigkeit hervor. Diese Notwendigkeit ist allerdings nicht eine solche, die aus tiefen, psychologischen Untergründen der Seelen heraufgeholt ist, aber es scheint mir, daß Fulda mit der leichten Art, wie er die Menschen und die Dinge nimmt, gar nicht unrecht hat. Von Menschen, die wie diejenigen des Fuldaschen Stückes sind, interessiert uns auch im Leben nicht mehr, als der Autor uns vorführt. Fulda sagt uns von ihnen genau so viel, als wir von ihnen zu wissen wünschen. Eine größere Vertiefung der Charaktere und Verwicklungen würde, meiner Meinung nach, den Eindruck der Schwerfälligkeit machen. Die geistreiche, leichte Art, mit den Personen und Handlungen zu spielen, sehe ich als eine vorzügliche Eigenschaft des Autors der «Jugendfreunde» an.
Allerdings glaube ich, daß nur eine so vortreffliche Aufführung dem Stücke zu der von mir geschilderten Wirkung verhelfen kann, wie sie am Sonnabend das Deutsche Theater bot. Die vier Jugendfreunde fanden in den Herren Nissen, Rittner, Sauer und Thielscher vier Darsteller, welche die Absichten des Autors in prächtiger Weise zum Ausdruck brachten. Und die weiblichen Störenfriede wurden durch die Damen Trenner, Schneider und Eberty gut charakterisiert. Hätte es Fräulein Lehmann vermocht, die Stenographin so anmutvoll darzustellen, daß man an die Bekehrung des Ehegegners Martens besser hätte glauben können, so wäre gegen die Aufführung auch nicht das geringste einzuwenden.