Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus
GA 24
Die pädagogische Zielsetzung der Waldorfschule in Stuttgart
[ 1 ] Wer sich auf den heutigen Bildungsanstalten für den Beruf des Pädagogen vorbereitet, nimmt viele gute Grundsätze über Erziehungswesen und Unterrichtskunst ins Leben mit. Und der gute Wille, diese Grundsätze auch anzuwenden, ist zweifellos bei vielen vorhanden, denen dies als Aufgabe zufällt. Dennoch ist eine weitgehende Unbefriedigtheit auf diesem Lebensgebiete vorhanden. Immer neue oder neu erscheinende Zielsetzungen tauchen auf; und Anstalten werden begründet, welche den Forderungen der Menschennatur und des sozialen Lebens besser Rechnung tragen sollen als diejenigen, welche aus der allgemeinen Zivilisation der neueren Menschheit hervorgegangen sind. Unbillig wäre es, nicht anzuerkennen, daß die Erziehungs- und Unterrichtskunde seit mehr als einem Jahrhundert die edelsten, von hohem Idealismus getragenen Persönlichkeiten zu ihren Pflegern gehabt hat. Was der Geschichte von diesen einverleibt ist, stellt einen reichen Schatz von pädagogischer Weisheit und von begeisternden Anweisungen für den Erzieher-Willen dar, die der angehende Lehrer aufnehmen kann.
[ 2 ] Man wird kaum in Abrede stellen können, daß für jeden Mangel, den man im Felde des Erziehens und Unterrichtens findet, sich leitende Ideen bei den bisher führenden großen Pädagogen aufweisen lassen, durch deren Befolgung Abhilfe geschaffen werden könnte. Die Unbefriedigtheit kann nicht in dem Fehlen einer sorgsam gepflegten Erziehungskunde liegen; sie kann auch nicht auf dem Mangel an gutem Willen bei denen beruhen, die im Erziehen und Unterrichten tätig sind. Aber sie ist doch nicht unberechtigt. Das beweisen die Erfahrungen des Lebens jedem Unbefangenen.
[ 3 ] Von solchen Empfindungen sind diejenigen durchdrungen gewesen, die an der Begründung der Waldorfschule in Stuttgart beteiligt sind. Emil Molt, der Begründer dieser Schule, und der Schreiber dieses Artikels, welcher der Erziehungs- und Unterrichtsart die Richtung geben durfte, und der sich an der Fortführung dieser Richtung weiterhin beteiligen darf: sie wollen mit dieser Schule eine pädagogische und eine soziale Aufgabe lösen.
[ 4 ] Bei dem Versuch, die pädagogische Aufgabe zu lösen, kommt es darauf an, den Grund zu erkennen, warum die guten Erziehungsprinzipien, die vorhanden sind, in so weitgehendem Maße zu nicht befriedigenden Ergebnissen führen. - Es wird doch zum Beispiel allgemein anerkannt, daß die sich entwickelnde Individualität des Kindes für die Gewinnung der leitenden Ideen im Unterrichten und Erziehen beobachtet werden müsse. In allen Tonarten wird dieser Gesichtspunkt als ein richtiger hingestellt.
[ 5 ] Aber es gibt heute gewichtige Hindernisse, diesen Gesichtspunkt einzunehmen. Er erfordert, um in wahrer Praxis zur Geltung zu kommen, eine Seelen-Erkenntnis, die wirklich das Wesen des Menschen aufschließt. Zu einer solchen führt die Weltanschauung nicht, welche die geistige Bildung der Gegenwart beherrscht. Diese Weltanschauung glaubt nur dann einen sicheren Boden unter den Füßen zu haben, wenn sie allgemeingültige Gesetze aufstellen kann. Gesetze, die man in festen Begriffen aussprechen und dann auf den einzelnen Fall anwenden kann. Man gewöhnt sich an das Streben nach solchen Gesetzen, wenn man seine Berufsbildung in den Bildungsanstalten der Gegenwart erwirbt. Auch die für den Erzieherberuf Vorgebildeten sind an das Denken in solchen Gesetzen gewöhnt. Aber die menschliche Seelenwesenheit widerstrebt der Erkenntnis, wenn man sie durch solche Gesetze fassen will. Nur die Natur ergibt sich diesen Gesetzen. Will man das Wesen der Seele durchschauen, so muß man das Gesetzmäßige mit künstlerischer Gestaltungskraft in der Erkenntnis durchdringen. Der Erkennende muß zum künstlerisch Schauenden werden, wenn er das Seelische erfassen will. Man kam dozieren: ein solches Erkennen sei kein wahres Erkennen, denn es beteilige das persönliche Erlebnis an dem Erfassen der Dinge. Solches Dozieren mag noch so viele logische Vorurteile für sich haben; es hat die Tatsache gegen sich, daß ohne die Beteiligung des inneren persönlichen, des schaffenden Erfassens das Seelische nicht zu erkennen ist. Man schreckt vor dieser Beteiligung zurück, weil man glaubt, damit unbedingt in die persönliche Willkür des Beurteilens hineinzukommen. Gewiß, man kommt in diese Willkür hinein, wenn man sich nicht durch sorgfältige Selbsterziehung innere Objektivität aneignet.
[ 6 ] Damit ist aber der Weg angedeutet, den derjenige einschlägt, der neben der auf ihrem Gebiete berechtigten Natur-Erkenntnis eine wahre Geist-Erkenntnis gelten läßt. Und dieser kommt es zu, das Wesen des Seelischen aufzuschließen. Sie muß eine wirkliche Erziehungs- und Unterrichtskunst tragen. Denn sie führt zu einer Menschen-Erkenntnis, die so in sich bewegliche, lebendige Ideen hat, daß der Erzieher sie in die praktische Anschauung der einzelnen kindlichen Individualität umsetzen kann. Und erst wer dieses vermag, für den gewinnt die Forderung, nach der Kindes-Individualität zu erziehen und zu unterrichten, eine praktische Bedeutung.
[ 7 ] In unserer Zeit mit ihrem Intellektualismus, mit ihrer Liebe zur Abstraktion wird man das hier Ausgesprochene mit Einwänden zu widerlegen suchen, wie etwa der ist: es sei doch selbstverständlich, daß man allgemeine Ideen, die man über das Wesen des Menschen auch aus der gegenwärtigen Zeitbildung heraus gewonnen habe, für den einzelnen Fall individualisiere.
[ 8 ] Doch um richtig zu individualisieren, so, wie es befähigt, die besondere Kindes-Individualität erzieherisch zu führen, dazu ist nötig, in einer besonderen Geistes-Erkenntnis den Blick für das erworben zu haben, was nicht als einzelner Fall unter ein allgemeines Gesetz gebracht werden kann, sondern dessen Gesetz erst an diesem Fall anschauend erfaßt werden muß. Die hier gemeinte Geist-Erkenntnis führt nicht, nach dem Vorbilde der Natur-Erkenntnis, zum Vorstellen allgemeiner Ideen, um diese im einzelnen Falle anzuwenden, sondern sie erzieht den Menschen zu einer Seelen-Verfassung, die den einzelnen Fall in seiner Selbständigkeit schauend erlebt. - Diese Geisteswissenschaft verfolgt, wie sich der Mensch in seinem Kindes- und Jugendalter entwickelt. Sie zeigt, wie die kindliche Natur von der Geburt bis zum Zahnwechsel so geartet ist, daß sie sich aus dem Trieb der Nachahmung entfaltet. Was das Kind sieht, hört usw. erregt in ihm den Trieb, das gleiche zu tun. Wie sich dieser Trieb gestaltet, das untersucht bis ins einzelne die Geisteswissenschaft. Man braucht zu dieser Untersuchung Methoden, die in jedem Punkte das bloße Gesetzes-Denken in das künstlerische Anschauen hinüberleiten. Denn, was das Kind zur Nachahmung reizt und die Art, wie es nachahmt, läßt sich nur in dieser Art anschauen. - In der Periode des Zahnwechsels vollzieht sich ein völliger Umschwung im kindlichen Erleben. Es tritt der Trieb ein, das zu tun oder auch zu denken, was ein anderer Mensch, der von dem Kinde als Autorität empfunden wird, tut oder denkt, wenn er dieses Tun oder Denken als richtig bezeichnet. Vor diesem Lebensalter wird nachgeahmt, um das eigene Wesen zum Nachbild der Umgebung zu machen; mit dem Eintritt in dieses Alter wird nicht bloß nachgeahmt, sondern es wird das fremde Wesen mit einem gewissen Grade der Bewußtheit in das eigene Wesen hereingenommen. Doch bleibt der Nachahmungstrieb neben dem andern, der Autorität zu folgen, bis etwa zum neunten Lebensjahre noch bestehen. Geht man von den Äußerungen dieser zwei Haupttriebe für die beiden aufeinanderfolgenden Kindesalter aus, so fällt der Blick auf andere Offenbarungen der kindlichen Natur. Man lernt die lebendig-plastische Entwickelung der menschlichen Kindheit kennen.
[ 9 ] Wer in diesem Felde seine Beobachtungen aus der Vorstellungsart heraus anstellt, die für Naturdinge, ja die auch für den Menschen als Naturwesen die richtige ist, dem entzieht sich, was das eigentlich Bedeutsame ist. Wer aber auf die für dieses Gebiet sachgemäße Beobachtungsart eingeht, der schärft sein Seelenauge für das Individuelle der Kindeswesenheit. Ihm wird das Kind nicht zum « einzelnen Fall », den er nach einem Allgemeinen beurteilt, sondern zum ganz individuellen Rätsel, das er zu lösen sucht.
[ 10 ] Man wird einwenden, solches anschauendes Eingehen auf das einzelne Kind sei doch in einer Schulklasse mit einer größeren Schülerzahl nicht möglich. Ohne deshalb übergroßen Schülerzahlen in den Klassen das Wort reden zu wollen, muß doch gesagt werden, daß ein Lehrer mit einer Seelen-Erkenntnis, wie sie hier gemeint ist, leichter mit vielen Schülern zurecht kommen wird als der andere ohne wirkliche Seelen-Erkenntnis. Denn diese Seelen-Erkenntnis wird sich in dem Gebaren der ganzen Persönlichkeit des Lehrers offenbaren; sie wird jedem seiner Worte, allem seinem Tun das Gepräge geben; und die Kinder werden innerlich aktiv unter seiner Führung werden. Er wird nicht jeden einzelnen zur Aktivität zu zwingen haben, denn seine allgemeine Haltung wird auf das einzelne Kind wirken.
[ 11 ] Aus der Erkenntnis der kindlichen Entwickelung ergeben sich sachgemäß Lehrplan und Lehrmethode. Durchschaut man, wie der Nachahmungstrieb und der Impuls, unter die Autorität sich zu stellen, beim Kinde in den ersten Volksschuljahren ineinanderwirken, so weiß man, wie man für diese Jahre zum Beispiel den Schreibunterricht zu gestalten hat. Baut man ihn auf die Intellektualität, so arbeitet man gegen die Kräfte, die sich durch den Nachahmungstrieb offenbaren; geht man von einer Art Zeichnen aus, das man allmählich in das Schreiben überführt, so entwickelt man, was sich zu entwickeln strebt. In dieser Art läßt sich der Lehrplan ganz aus der Natur der kindlichen Entwickelung heraus gewinnen. Und nur ein Lehrplan, der in dieser Art gewonnen ist, arbeitet in der Richtung der menschlichen Entwickelung. Er macht den Menschen stark; jeder andere verkümmert seine Kräfte. Und diese Verkümmerung macht ihre Wirkungen für das ganze Leben geltend.
[ 12 ] Es ist nur durch eine Seelen-Erkenntnis der geschilderten Art möglich, einen Erziehungsgrundsatz anzuwenden wie denjenigen von der Notwendigkeit, die Individualität der kindlichen Natur zu beobachten.
[ 13 ] Eine Pädagogik, die praktisch anwenden will, was theoretisch von vielen als gute Grundsätze verfochten wird, muß gebaut sein auf eine wahre Geisteswissenschaft. Sonst wird es nur durch die wenigen Pädagogen, die durch glückliche Naturanlagen instinktiv sich ihre Praxis erarbeiten, wirken können. Von einer wahren geisteswissenschaftlichen Menschen-Erkenntnis soll die pädagogische und didaktische Erziehungs- und Unterrichtspraxis der Waldorfschule befruchtet sein. Die Lehrer nach dieser Richtung hin anzuregen, stellte ich mir mit einem Kursus in geisteswissenschaftlicher Pädagogik und Didaktik zur Aufgabe, den ich für sie vor der Eröffnung der Schule abgehalten habe.
[ 14 ] Damit ist - allerdings nur skizzenhaft - die pädagogische Aufgabe gekennzeichnet, für die ein erster Versuch zur Lösung mit dieser Schule gemacht worden ist. In der Waldorfschule hat Emil Molt zugleich eine Einrichtung geschaffen, die einer sozialen Forderung der Gegenwart entspricht. Sie ist zunächst die Volksschule für die Kinder der in der Waldorf-Astoria-Fabrik in Stuttgart Arbeitenden. Neben diesen Kindern sitzen auch diejenigen andrer Bevölkerungsklassen, so daß der Charakter der Einheits-Volksschule voll gewahrt ist. Das ist alles, was zunächst von einem einzelnen getan werden kann. Im umfassenden Sinne wird mit der Schule eine wichtige soziale Aufgabe für die Zukunft erst gelöst werden können, wenn die sozialen Gesamt-Einrichtungen alles Schulwesen so in sich eingliedern, daß dieses von dem Geiste durchdrungen sein wird, der in der Waldorfschule so weit zur Geltung gebracht wird, als es unter den gegenwärtigen Verhältnissen möglich ist.
[ 15 ] Die obigen Darlegungen zeigen, daß alle pädagogische Kunst auf eine Seelen-Erkenntnis gebaut sein muß, die an die Persönlichkeit des Lehrers eng gebunden ist. Diese Persönlichkeit muß sich in ihrem pädagogischen Schaffen frei ausleben können. Das ist nur möglich, wenn die gesamte Verwaltung des Schulwesens autonom auf sich selbst gestellt ist. Wenn der ausübende Lehrer in bezug auf die Verwaltung nur wieder mit ausübenden Lehrern zu tun hat. Ein nicht ausübender Pädagoge ist in der Schulverwaltung ein Fremdkörper wie ein nicht künstlerisch Schaffender, dem obliegen würde, künstlerisch Schaffenden die Richtung vorzuzeichnen. Das Wesen der pädagogischen Kunst fordert, daß die Lehrerschaft sich teilt zwischen Erziehen und Unterrichten und der Verwaltung des Schulwesens. Dadurch wird in der Verwaltung voll walten der Gesamtgeist, der sich aus der geistigen Haltung aller einzelnen zu einer Unterrichts- und Erziehungsgemeinschaft vereinigten Lehrer gestaltet. Und es wird in dieser Gemeinschaft nur das Geltung haben, was aus der Seelen-Erkenntnis sich ergibt.
[ 16 ] Eine solche Gemeinschaft ist nur möglich in dem dreigliedrigen sozialen Organismus, der ein freies Geistesleben neben einem demokratisch orientierten Staats- und einem selbständigen Wirtschaftsleben hat. (Über das Wesen dieser Dreigliederung vergleiche man die Artikel in den vorangehenden Nummern der «Sozialen Zukunft».) Ein Geistesleben, das seine Direktiven von der politischen Verwaltung oder von den Mächten des Wirtschaftslebens erhält, kann nicht eine Schule in seinem Schoße pflegen, deren Impulse von der Lehrerschaft selbst restlos ausgehen. Eine freie Schule wird aber Menschen in das Leben hineinstellen, die im Staate und in der Wirtschaft ihre volle Kraft entfalten können, weil diese in ihnen entwickelt wird.
[ 17 ] Wer nicht der Meinung huldigt, daß die unpersönlichen Produktionsverhältnisse oder ähnliches die Menschen gestaltet, sondern aus der tatsächlichen Wirklichkeit erkennt, wie die Menschen die soziale Ordnung schaffen, der wird auch einsehen, welche Bedeutung eine Schule hat, die nicht auf die Partei- oder sonstigen Ansichten gebaut ist, sondern auf dasjenige, was der menschlichen Gemeinschaft durch die stets neu in sie eintretenden Generationen aus den Tiefen des Weltenwesens zugeführt wird. Dies aber zu erkennen und auszubilden ist nur einer Seelenanschauung möglich, wie sie hier versucht worden ist, zu charakterisieren. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint die tiefgehende soziale Bedeutung einer pädagogischen Praxis, die auf Geisteswissenschaft begründet ist.
[ 18 ] Von dieser pädagogischen Praxis wird manches anders beurteilt werden müssen, als es gegenwärtig von den Pädagogen geschieht. Um nur auf eines in dieser Richtung Liegende hinzuweisen, sei erwähnt, daß in der Waldorfschule dem gewöhnlichen Turnen als gleichberechtigt eine Art Eurythmie an die Seite gesetzt worden ist. Diese Eurythmie ist eine sichtbare Sprache. Durch sie werden die menschlichen Körperglieder bewegt, wird der ganze Mensch und werden Menschengruppen zu solchen Bewegungen veranlaßt, die gesetzmäßig einen Seeleninhalt ausdrücken wie die Lautsprache oder die Musik. Der ganze Mensch wird beseelt bewegt. Wenn nun heute das Turnen, das direkt nur auf die Erstarkung des Körpers und höchstens indirekt auf die moralische Kräftigung des Menschen wirken kann, vorurteilsvoll überschätzt wird, weil es einseitig auf das Physische geht, so wird eine spätere Zeit erkennen, wie die beseelte Bewegungskunst der Eurythmie zugleich mit dem Physischen die Willensinitiative zur Entfaltung bringt. Sie erfaßt den Menschen als Ganzes nach Leib, Seele und Geist.
[ 19 ] Wer nicht in einer Art von Seelenschlaf die gegenwärtige Krisis des europäischen Zivilisationslebens an sich vorübergehen läßt, sondern sie voll miterlebt, der kann ihre Ursprünge nicht bloß in verfehlten äußeren Einrichtungen sehen, die einer Verbesserung bedürfen, sondern er muß sie tief im Innern des menschlichen Denkens, Fühlens und Wollens suchen. Dann aber wird er auch unter den Wegen zur Gesundung unseres sozialen Lebens denjenigen der Erziehung der kommenden Generation anerkennen. Und er wird einen Versuch nicht ganz unbeachtet lassen, der in der pädagogischen Kunst nach Mitteln sucht, durch die gute Grundsätze und ein guter Wille auch praktisch sich ausleben können. Die Waldorfschule ist nicht eine « Reformschule » wie so manche andere, die gegründet werden, weil man zu wissen glaubt, worin die Fehler dieser oder jener Art des Erziehens und Unterrichtens liegen; sondern sie ist dem Gedanken entsprungen, daß die besten Grundsätze und der beste Wille in diesem Gebiete erst zur Wirksamkeit kommen können, wenn der Erziehende und Unterrichtende ein Kenner der menschlichen Wesenheit ist. Man kann dies nicht sein, ohne auch eine lebendige Anteilnahme zu entwickeln an dem ganzen sozialen Leben der Menschheit. Der Sinn, der geöffnet ist für das Wesen des Menschen, nimmt auch alles Leid und alle Freude der Menschheit als eigenes Erlebnis hin. Durch einen Lehrer, der Seelenkenner, Menschenkenner ist, wirkt das ganze soziale Leben auf die in das Leben hineinstrebende Generation. Aus seiner Schule werden Menschen hervorgehen, die sich kraftvoll in das Leben hineinstellen können.
The Educational objectives of the Waldorf School in Stuttgart
[ 1 ] Those who prepare for the profession of teacher in today's educational institutions take many good principles about education and the art of teaching with them into their lives. And the good will to apply these principles is undoubtedly present in many of those to whom this task falls. Nevertheless, there is a widespread lack of satisfaction in this area of life. New or seemingly new objectives are constantly appearing; and institutions are being founded which are supposed to take better account of the demands of human nature and social life than those which have emerged from the general civilization of modern mankind. It would be unwise not to recognize that for more than a century the science of education and teaching has had the noblest personalities, borne by high idealism, as its nurturers. What has been incorporated into history by them represents a rich treasure of pedagogical wisdom and inspiring instructions for the educator's will, which the prospective teacher can absorb.
[ 2 ] It can hardly be denied that for every deficiency that can be found in the field of education and teaching, leading ideas can be found in the leading great educators of the past, which could be remedied by following them. The dissatisfaction cannot lie in the lack of a carefully cultivated educational science; nor can it be due to a lack of good will on the part of those who are active in educating and teaching. But it is not unjustified. The experiences of life prove this to every unbiased person.
[ 3 ] Those involved in the founding of the Waldorf School in Stuttgart were imbued with such sentiments. Emil Molt, the founder of this school, and the writer of this article, who was allowed to give direction to the type of education and teaching, and who may continue to participate in the continuation of this direction: they want to solve a pedagogical and a social task with this school.
[ 4 ] In the attempt to solve the pedagogical task, it is important to recognize the reason why the good educational principles that exist do not lead to satisfactory results to such a large extent. - It is generally recognized, for example, that the developing individuality of the child must be observed in order to obtain the guiding ideas in teaching and education. This point of view is put forward as a correct one in all keys.
[ 5 ] But today there are major obstacles to adopting this point of view. In order to come into its own in true practice, it requires a knowledge of the soul that truly unlocks the essence of man. The world view that dominates contemporary spiritual education does not lead to this. This world view only believes that it has a secure foundation if it can establish universally valid laws. Laws that can be expressed in fixed terms and then applied to individual cases. One becomes accustomed to striving for such laws when one acquires one's professional training in the educational institutions of the present. Those trained for the profession of educator are also accustomed to thinking in terms of such laws. But the human soul being resists cognition if one wants to grasp it through such laws. Only nature yields to these laws. If one wants to see through the essence of the soul, one must penetrate the lawful with artistic creative power in cognition. The cognizer must become an artistic observer if he wants to grasp the soul. It has been lectured that such cognition is not true cognition, for it involves personal experience in the apprehension of things. No matter how many logical prejudices such lecturing may have in its favor, it has the fact against it that without the participation of the inner personal, the creative grasping, the spiritual cannot be recognized. We shy away from this involvement because we believe that it necessarily leads us into the personal arbitrariness of judgment. Certainly, one enters into this arbitrariness if one does not acquire inner objectivity through careful self-education.
[ 6 ] This, however, indicates the path taken by those who accept a true knowledge of the spirit in addition to the knowledge of nature that is justified in its field. And it is up to this to unlock the essence of the soul. It must support a genuine art of education and teaching. For it leads to a knowledge of man that has such moving, living ideas in it that the educator can translate them into a practical view of the child's individuality. And only those who are able to do this can give practical meaning to the demand to educate and teach according to the individuality of the child.
[ 7 ] In our time, with its intellectualism and love of abstraction, people will try to refute what has been said here with objections such as: it is self-evident that general ideas about the nature of man, which have also been gained from contemporary education, should be individualized for the individual case.
[ 8 ] However, in order to individualize correctly, so as to be able to lead the particular individuality of the child educationally, it is necessary to have acquired in a particular spiritual knowledge an eye for that which cannot be brought under a general law as an individual case, but whose law must first be grasped by looking at this case. The knowledge of the spirit meant here does not, following the example of the knowledge of nature, lead to the conception of general ideas in order to apply them to individual cases, but it educates man to a constitution of soul which experiences the individual case in its independence. - This spiritual science follows how the human being develops in childhood and adolescence. It shows how the child's nature from birth to the change of teeth is such that it develops from the instinct of imitation. What the child sees, hears etc. arouses in him the instinct to do the same. How this drive develops is investigated in detail by spiritual science. For this investigation, methods are needed which, at every point, lead the child from merely thinking in terms of laws to artistic contemplation. For what stimulates the child to imitate and the way in which it imitates can only be observed in this way. - In the period of the change of teeth a complete change takes place in the child's experience. The urge arises to do or think what another person, who is perceived by the child as an authority, does or thinks if he or she describes this action or thought as correct. Before this age, imitation takes place in order to make one's own being an imitation of the environment; on entering this age, imitation is not mere, but the foreign being is taken into one's own being with a certain degree of awareness. However, the instinct to imitate remains alongside the other instinct to follow authority until around the age of nine. If one proceeds from the manifestations of these two main instincts for the two successive childhood ages, the gaze falls on other revelations of the child's nature. One gets to know the living-plastic development of human childhood.
[ 9 ] Whoever makes his observations in this field from the mode of conception which is the correct one for natural things, indeed also for man as a natural being, will fail to grasp what is actually significant. However, those who adopt the appropriate mode of observation for this area will sharpen their soul's eye for the individuality of the child's being. For him, the child does not become a "single case" that he judges according to a general principle, but rather a very individual puzzle that he seeks to solve.
[ 10 ] One might argue that such a contemplative approach to the individual child is not possible in a school class with a large number of pupils. However, without wanting to speak out in favor of large numbers of pupils in the classes, it must be said that a teacher with a knowledge of the soul, as is meant here, will find it easier to deal with many pupils than another without a real knowledge of the soul. For this knowledge of the soul will reveal itself in the demeanor of the teacher's whole personality; it will characterize every word he says, everything he does; and the children will become inwardly active under his guidance. He will not have to force each individual to be active, because his general attitude will have an effect on the individual child.
[ 11 ] The curriculum and teaching method are appropriately derived from the knowledge of child development. If one understands how the instinct to imitate and the impulse to submit to authority interact in children in the first years of primary school, one knows how, for example, writing lessons should be designed for these years. If it is based on intellectuality, one works against the forces that manifest themselves through the instinct of imitation; if one starts from a kind of drawing that is gradually transferred to writing, one develops what is striving to develop. In this way, the curriculum can be derived entirely from the nature of the child's development. And only a curriculum that is developed in this way works in the direction of human development. It makes man strong; any other stunts his powers. And this atrophy has an effect on the whole of life.
[ 12 ] It is only possible to apply a principle of education such as the necessity of observing the individuality of a child's nature through a knowledge of the soul of the kind described above.
[ 13 ] A pedagogy that wants to apply in practice what is theoretically advocated by many as good principles must be based on a true spiritual science. Otherwise it will only be able to work through the few pedagogues who instinctively develop their practice through fortunate natural dispositions. The pedagogical and didactic educational and teaching practice of the Waldorf school should be fertilized by a true spiritual-scientific knowledge of the human being. I set myself the task of stimulating the teachers in this direction with a course in spiritual-scientific pedagogy and didactics, which I held for them before the school opened.
[ 14 ] This describes - albeit only sketchily - the educational task for which a first attempt at a solution was made with this school. In the Waldorf School, Emil Molt also created an institution that meets a contemporary social demand. First of all, it is the elementary school for the children of those working in the Waldorf-Astoria factory in Stuttgart. In addition to these children, there are also children from other social classes, so that the character of a unified elementary school is fully preserved. That is all that can initially be done by an individual. In a comprehensive sense, an important social task for the future can only be solved with the school when the overall social institutions integrate all schooling in such a way that it will be permeated by the spirit that is brought to bear in the Waldorf school to the extent that it is possible under the present conditions.
[ 15 ] The above explanations show that all pedagogical art must be built on a knowledge of the soul that is closely linked to the personality of the teacher. This personality must be able to express itself freely in its pedagogical work. This is only possible if the entire administration of the school system is autonomous. If the practicing teacher only has to deal with practicing teachers in relation to the administration. A non-performing teacher is a foreign body in the school administration, just like a non-artistic teacher who would be responsible for setting the direction for artistic teachers. The nature of the pedagogical art demands that teachers divide themselves between educating and teaching and the administration of the school system. In this way, the overall spirit, which is formed from the spiritual attitude of all individual teachers united in a teaching and educational community, will fully prevail in the administration. And only that which results from the knowledge of the soul will be valid in this community.
[ 16 ] Such a community is only possible in the tripartite social organism, which has a free spiritual life alongside a democratically oriented state life and an independent economic life. (On the nature of this tripartite structure, see the articles in the previous issues of "Soziale Zukunft"). A spiritual life that receives its directives from the political administration or from the powers of economic life cannot nurture a school in its bosom whose impulses emanate entirely from the teaching staff itself. But a free school will place people in life who can develop their full power in the state and in the economy, because this power is developed in them.
[ 17 ] Whoever does not subscribe to the opinion that impersonal relations of production or the like shape people, but recognizes from actual reality how people create social order, will also understand the importance of a school that is not built on party or other views, but on that which is brought to the human community from the depths of the world's being by the new generations constantly entering it. To recognize and develop this, however, is only possible for a view of the soul as it has been attempted to characterize here. From this point of view, the profound social significance of a pedagogical practice based on spiritual science appears.
[ 18 ] Much of this pedagogical practice will have to be judged differently than is currently done by educators. To point out only one thing in this direction, it should be mentioned that in the Waldorf School a kind of eurythmy has been placed alongside ordinary gymnastics as having equal status. This eurythmy is a visible language. Through it the human limbs are moved, the whole human being and groups of human beings are induced to make movements which express a soul content in the same way as spoken language or music. The whole human being is moved by the soul. If today gymnastics, which can only have a direct effect on the strengthening of the body and at most an indirect effect on the moral strengthening of the human being, is prejudicially overestimated because it focuses one-sidedly on the physical, a later time will recognize how the soulful art of movement of eurythmy brings the initiative of the will to unfold at the same time as the physical. It grasps the human being as a whole in body, soul and spirit.
[ 19 ] Those who do not allow the present crisis of European civilization to pass them by in a kind of slumber of the soul, but experience it fully, cannot see its origins merely in misguided external institutions that need improvement, but must seek them deep within human thinking, feeling and will. Then, however, he will also recognize, among the ways to improve our social life, that of educating the coming generation. And it will not completely ignore an attempt to search for means in the art of education by which good principles and a good will can also be put into practice. The Waldorf School is not a "reform school" like so many others which are founded because one believes one knows where the faults of this or that kind of education and teaching lie; rather it has arisen from the thought that the best principles and the best will in this field can only become effective when the educator and teacher is a connoisseur of human nature. One cannot be this without also developing a lively interest in the whole social life of mankind. The mind that is open to the essence of humanity also accepts all the suffering and joy of humanity as its own experience. Through a teacher who is a connoisseur of the soul, a connoisseur of humanity, the whole of social life has an effect on the generation striving into life. People will emerge from his school who can place themselves powerfully in life.