Collected Essays on Philosophy and Anthroposophy 1904–1923
GA 35
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7. A Word about Theosophy at the Fourth International Congress of Philosophy
At the Section for the Philosophy of Religions, Dr. Rudolf Steiner of Germany spoke about the psychological foundations of Theosophy and their scientific justification. The speaker pointed out that he had to represent a subject that is not yet considered scientific in the broadest circles. This is quite understandable, however. For the school of thought in question has a completely different kind of knowledge in mind than the other current philosophical trends. These ask, what is the human soul like, and what can it know by virtue of the fact that it is constituted in a certain way? Theosophy, as expounded by the speaker, maintains that the soul can rise above its so-called normal state and thereby extend its powers of knowledge from the realm of the sensual and intellectual to that of the supersensible. However, by such a different state of the soul is not meant that which is referred to in ordinary psychology as the “subconscious” or “unconscious”, nor that of a vision, ecstasy or the like, but a state that can be achieved under the strictest self-control of the soul. To achieve this state, the soul must subject itself to strict and intimate exercises. It must imbue itself with ideas, thoughts and feelings that do not bear the usual character of images of an external reality, but rather have a more symbolic character. The soul must now exclude from its life all sensual, memory-based and intellectual impressions and contents, and through constant repetition become completely one with the characterized symbolic representations. The result is a very specific experience in which the soul perceives itself as an inner reality that rests within itself independently of the bodily organization. Through this experience, the human being knows that they can truly live independently of their body as a soul. The exercises must proceed from this point. The human being must remove the symbolic images from his soul life and direct the inner sense only to the activity through which he has experienced the symbols within himself. Through this practice, a condensation of the soul independent of the body is achieved; and into this inner life the content of a spiritual world now flows in the same way as sensual content flows into sensual perception when eyes and ears are directed towards the physical outer world. This opens up new levels of cognition; the first, in which the symbolic representations transform the soul life, can be called imaginative cognition, and the second, which only arises when the symbols have been removed from consciousness, can be called cognition through inspiration. The speaker then points out how the theory of science at present cannot agree with a development of the soul as described, because it transfers the “I” of the human being into the bodily inner world from the outset. But a future theory of knowledge will recognize that the I in truth already lies in the spiritual outer world and only reflects the ordinary I as its image in the bodily organization. Such a theory of knowledge will be able to fully reconcile itself with theosophy.
The speaker's brief remarks were followed by a lively debate. The well-known Platonist Dr. W. Lutoslawski asked the speaker a series of questions. These led to the further discussion that the soul exercises of modern man are not based, as those in ancient times were, on physical isolation from one's surroundings, on an extremely ascetic life and the like, but that they place the main emphasis on the development of those spiritual-mental powers which, within man, bring about his isolation of consciousness. In response to another question from Lutoslawski, the speaker remarks that the methods of soul training, as appropriate for the human being in modern cultures, have been developed by leading spiritual figures since the eleventh and twelfth centuries.
Another speaker, Dr. Stark, asks whether an objective criterion can be given for what a person, after the appropriate preparation, finds to be facts of the spiritual world. The speaker replies that research and experience in the supersensible worlds require a soul that has been prepared as described. If, however, the facts of these worlds are presented in a logical form, then the truly unbiased logic of ordinary consciousness can decide on them and recognize them as correct. In response to a question from the same speaker, Dr. Steiner adds that the epoch seems to be beginning in which the theosophy described above will flow into spiritual cultural life and develop into a recognized common good of human science.
7. Ein Wort über Theosophie auf dem Vierten Internationalen Kongress für Philosophie
Über die psychologischen Grundlagen der Theosophie und deren wissenschaftliche Rechtfertigung sprach innerhalb der Sektion für Philosophie der Religionen Dr. Rudolf Steiner aus Deutschland. Der Redner wies darauf hin, daß er einen Gegenstand zu vertreten habe, welcher gegenwärtig noch in den weitesten Kreisen nicht als wissenschaftlich angesehen werde. Dies sei aber ganz begreiflich. Denn die in Frage kommende Geistesrichtung habe eine ganz andere Art von Erkenntnis im Auge als die übrigen gegenwärtigen philosophischen Richtungen. Diese fragen, wie ist die Seele des Menschen, und was kann sie dadurch erkennen, daß sie in einer gewissen Art beschaffen ist? Theosophie aber, in dem Sinne, wie der Redner sie vertritt, muß von der Seele sagen, daß diese über den sogenannten normalen Zustand sich erheben könne und dadurch ihre Erkenntniskräfte aus dem Gebiete des Sinnlichen und Intellektuellen in dasjenige des Übersinnlichen erstrecken könne. Es sei jedoch mit einem solchen anderen Zustand der Seele nicht derjenige gemeint, den man in der gewöhnlichen Psychologie als das «Unterbewußte» oder «Unbewußte» bezeichne, auch nicht derjenige einer Vision, Ekstase oder dergleichen, sondern ein Zustand, der unter strengster Selbstkontrolle der Seele erreicht werden kann. Um zu demselben zu kommen, muß die Seele sich strengen, intimen Übungen unterwerfen. Sie muß sich mit Ideen, Gedanken und Empfindungen durchdringen, welche nicht den gewöhnlichen Charakter von Abbildungen eines äußerlich Wirklichen tragen, sondern welche einen mehr symbolischen Charakter tragen. Die Seele muß nun von ihrem Leben alle sinnlichen, gedächtnis- und verstandesmäßigen Impressionen und Inhalte ausschließen, und in fortgehender Wiederholung immer wieder mit den charakterisierten symbolischen Vorstellungen ganz eins werden. Es resultiert daraus ein ganz bestimmtes Erlebnis, welches darin besteht, daß die Seele sich als innere Realität erfaßt, welche unabhängig von der Körperorganisation in sich selber ruht. Der Mensch weiß durch dieses Erlebnis, daß er als Seele real von seinem Körper unabhängig leben kann. Die Übungen müssen von diesem Punkte aus weitergehen. Der Mensch muß die symbolischen Vorstellungen wieder aus seinem Seelenleben entfernen und nur auf die eigene Tätigkeit den inneren Sinn lenken, auf jene Tätigkeit, durch welche er die Symbole in sich erlebt hat. Durch diese Übung wird eine Verdichtung des vom Körper unabhängigen Seelischen erreicht; und in dieses Innenleben strömt nun der Inhalt einer geistigen Welt so ein, wie der sinnliche Inhalt in das sinnliche Wahrnehmen einströmt, wenn Augen und Ohren auf die physische Außenwelt gerichtet sind. Es sind dadurch neue Stufen der Erkenntnis eröffnet; die erste, in welcher die symbolischen Vorstellungen das Seelenleben umwandeln, kann als die imaginative Erkenntnis, die zweite, welche erst entsteht, wenn die Symbole wieder aus dem Bewußtsein entfernt worden sind, die Erkenntnis durch Inspiration genannt werden. Der Redner macht dann noch darauf aufmerksam, wie die Theorie der Wissenschaft gegenwärtig einer so geschilderten Seelenentwickelung nicht zustimmen könne, weil sie von vornherein das «Ich» des Menschen in die leibliche Innenwelt verlegt. Doch wird eine Erkenntnistheorie der Zukunft anerkennen, daß das Ich in Wahrheit schon in der geistigen Außenwelt liegtund das gewöhnliche Ich nur als sein Abbild in die Leibesorganisation hineinspiegelt. Eine solche Erkenntnistheorie wird sich mit der Theosophie vollständig versöhnen können.
An die durch die kurz bemessene Zeit aphoristisch gegebenen Darstellungen des Redners schloß sich eine lebhafte Debatte. Es stellte der bekannte Platoniker Dr. W. Lutoslawski an den Redner eine Reihe von Fragen. Durch diese kam noch zur Erörterung, daß die Seelenübungen des modernen Menschen nicht so wie jene in alten Zeiten auf physische Isolierung von der Umgebung, auf ein extrem asketisches Leben und dergleichen begründet sind, sondern daß sie den Hauptwert auf die Entfaltung derjenigen geistigseelischen Kräfte legen, welche im Innern des Menschen dessen Isolierung des Bewußtseins herbeiführen. Auf eine andere Frage Lutoslawskis hin bemerkt der Redner, daß die Methoden der Seelenübung, wie sie für den Menschen der modernen Kulturen entsprechend sind, sich durch entsprechende Führer des geistigen Lebens seit dem elften und zwölften Jahrhundert ausgebildet haben.
Ein weiterer Diskussionsredner, Herr Dr. Stark, frägt, ob ein objektives Kriterium angeführt werden könne für dasjenige, was der Mensch nach der entsprechenden Vorbereitung als Tatsachen der geistigen Welt findet. Der Redner antwortet darauf, daß zum Forschen, zum Erleben in den übersinnlichen Welten eine so vorbereitete Seele gehöre, wie sie geschildert worden sei. Wenn jedoch die Tatsachen dieser Welten in entsprechender logischer Form mitgeteilt werden, dann kann die wirklich unbefangene Logik des gewöhnlichen Bewußtseins über sie entscheiden und sie als richtig anerkennen. Auf eine entsprechend gestellte Frage desselben Diskussionsredners sagt Dr. Steiner noch, daß die Zeitepoche eben zu beginnen scheine, in welcher die charakterisierte Theosophie in das geistige Kulturleben einfließen und zu einem anerkannten allgemeinen Gut der menschlichen Wissenschaft sich gestalten werde.