Essays on Anthroposophy from the Journals “Lucifer” and “Lucifer-Gnosis” 1903-1908
GA 34
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68. On Plotinus's Philosophy
Regarding Dr. O. Kiefers' comments: “Plotinus' Theory of the Soul” and “Plotinus' Idea of the Sage”
It is necessary to add something to the remarks of Dr. O. Kiefers in the two previous numbers of this journal. However, it should be explicitly noted that this is not meant as a criticism of the value of these comments. Anyone who has some knowledge of the nature of our knowledge respects the views of others, even if they have different thoughts to counter them. The following is therefore said with full respect for the esteemed author's views.
It is not possible to address all points. It is said that Eduard von Hartmann once again emphasized: “Consciousness is only a reflex of the unconscious mental activity in us, and a soul activity also takes place when the mirror of consciousness is shattered by physical disturbances! Plotinus' teaching about the soul is in complete contradiction to this. He assumes a complicated doctrine of transmigration similar to that of Plato and the Pythagoreans, and yet, according to his view, all self-consciousness and indeed all individuality of the human soul must naturally extinguish in the realm of the intelligible! In our opinion, such an assertion can only be made if one does not interpret the ideas of consciousness, self-consciousness and individuality in the sense of Plotinus. For Plotinus, as for anyone who has mystical experiences like him, personal human consciousness is indeed a kind of reflection of the true human essence in the earthly-material body. But this form of consciousness should not be confused with self-consciousness and individuality, which coincides with the latter within certain limits. It is precisely the self that is indestructible; and its entry into the earthly body reflects it for itself in the way we know it as personal human consciousness. In a mode of existence other than the earthly, the self will indeed become conscious in a different form; but it is to consider earthly consciousness the only possible form of consciousness when one says that self-consciousness and individuality would have to extinguish with death under the premises of Plotinus. No, they only change their form. After death they will take on the form that corresponds to the existence in which they will then find themselves.
It is also incorrect to say that the “pure soul” is not affected by what the “lower soul” does. Although the pure soul detaches itself from the lower soul, the former takes with it the experiences it has had with the latter. And these experiences depend on the organs, on the entire nature of this lower soul. Therefore, these experiences are decisive for the further destiny of the “pure soul”. A dualism can only be perceived here if one reads it into it oneself by explaining certain self-made ideas about the nature of the lower and higher soul in Plotinus' thought. Eduard von Hartmann does this too, who only recognizes one, the personal-human form of consciousness, and therefore considers all other mental activity to be unconscious. It is a long way from stating that one regards the 'lower' and 'higher' human soul as the two elements of man, as one is not a dualist by admitting that water is not a monon, but consists of hydrogen and oxygen. Must monism then demand that the unity lie entirely on the surface? Therefore, it is quite understandable that Plotinus demands of the wise man that he work in and with the world. “Consequently,” as Dr. Kiefer says, “Plotinus' thoughts would demand the opposite.” Oh no. The peace and bliss of the wise man lies higher than in external asceticism. He can develop a manifold activity in the world and thereby experience unity with the divine in higher worlds.
68. Zu Plotins Weltanschauung
Zu Den Ausführungen Dr. O. Kiefers! «Plotins Seelenlehre» Und «Plotins Ideal Des Weisen»
Es ist notwendig, zu den Ausführungen Dr. O.Kiefers in den beiden vorhergehenden Nummern dieser Zeitschrift einiges hinzuzufügen. Doch sei ausdrücklich bemerkt, daß damit nichts gegen den Wert dieser Ausführungen gesagt werden soll. Wer von der Natur unseres Erkennens etwas weiß, der respektiert fremde Anschauungen, auch wenn er ihnen andere Gedanken entgegenzusetzen hat. Mit diesem vollen Respekt vor den Ansichten des geschätzten Verfassers ist daher das Folgende gesagt.
Es kann nicht auf alle Punkte eingegangen werden. Es wird gesagt, Eduard von Hartmann habe wieder mit Nachdruck betont: «Das Bewußtsein ist nur ein Reflex der an sich unbewußten Geistestätigkeit in uns, und eine Seelentätigkeit findet auch statt, wenn der Spiegel des Bewußtseins durch körperliche Störungen zerschlagen ist! Im vollkommenen Widerspruch dazu steht Plotins Lehre von der Seele Leben nach dem Tode: er nimmt hier eine komplizierte Seelenwanderungslehre ähnlich der Platons und der Pythagoreer an, und doch muß nach seiner Ansicht über das Reich des Intelligiblen dort natürlich jedes Selbstbewußtsein, ja überhaupt jede Individualität der Menschenseele erlöschen!» — Eine solche Behauptung kann man, nach unserer Auffassung, nur dann tun, wenn man die Vorstellungen von Bewußtsein, Selbstbewußtsein und Individualität nicht im Sinne Plotins auslegt. Für Plotin ist, wie für jeden, der mystische Erfahrung gleich ihm hat, das persönliche menschliche Bewußtsein allerdings eine Art Reflex des wahren menschlichen Wesens in dem irdisch-materiellen Körper. Aber diese Form des Bewußtseins darf nicht verwechselt werden mit dem Selbstbewußtsein und der mit diesem innerhalb gewisser Grenzen zusammenfallenden Individualität. Gerade das Selbst ist es, das unzerstörbar ist; und sein Eintritt in den irdischen Körper spiegelt es für sich selbst in der Art, die wir als die des persönlich-menschlichen Bewußtseins kennen. In einer anderen als der irdischen Daseinsart wird das Selbst zwar sich in einer anderen Form bewußt werden; aber es heißt das irdische Bewußtsein für die einzig mögliche Bewußtseinsform halten, wenn man sagt: Selbstbewußtsein und Individualität müßten unter den Voraussetzungen des Plotin erlöschen mit dem Tode. Nein, sie ändern nur ihre Form. Sie werden nach dem Tode diejenige Form annehmen, welche dem Dasein entspricht, in dem sie sich dann befinden werden.
Ebenso ist es unrichtig, wenn gesagt wird, daß die «reine Seele» von dem nicht berührt werde, was die «niedrigere Seele» tut. Zwar löst sich die reine Seele von der niedrigen; aber die erstere nimmt mit sich die Erfahrungen, die sie mit dieser niedrigen gemacht hat. Und diese Erfahrungen hängen von den Organen, von der ganzen Beschaffenheit dieser niedrigen Seele ab. Daher sind diese Erfahrungen für das weitere Schicksal der «reinen Seele» maßgebend. Ein Dualismus ist hier nur zu bemerken, wenn man ihn selbst hineinlegt, indem man gewisse selbstgemachte Vorstellungen über das Wesen der niederen und der höheren Seele in Plotins Gedanken hineinerklärt. Das tut auch Eduard von Hartmann, der nur eine, die persönlich-menschliche Bewußtseinsform kennt, und deshalb alle andere Geistestätigkeit für unbewußt hält. Man konstatiert noch lange keinen Dualismus, wenn man «niedere» und «höhere» Menschenseele als die zwei Elemente des Menschen betrachtet, wie man nicht Dualist dadurch ist, daß man zugibt, daß Wasser kein Monon ist, sondern aus Wasserstoff und Sauerstoff besteht. Muß denn der Monismus durchaus verlangen, daß die Einheit ganz an der Oberfläche liege? — Deshalb kann man auch durchaus begreifen, daß Plotin von dem Weisen verlangt, daß er in und mit der Welt wirke. «Konsequenterweise», wie Dr. Kiefer sagt, «würden die Gedanken Plotins das Gegenteil verlangen.» O nein. Die Ruhe und Seligkeit des Weisen liegt höher als in der äußeren Askese. ErkanninderWelteine mannigfaltige Tätigkeit entwickeln und dabei in höheren Welten die Einheit mit dem Göttlichen erleben.