Essays on Anthroposophy from the Journals “Lucifer” and “Lucifer-Gnosis” 1903-1908
GA 34
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35. Why does the Theosophist Need Teachings and Theories?
The following question is posed: “Is it important for the theosophist to educate himself about the different parts of man, about the astral and mental world, about the development of the earth and the world, and so on? Is it not enough for him to become aware of the “God-man” within himself, of the unity with all beings, and of the divinity of all things? Why does he need teachings and theories?"
It must be said that it is a fine saying to become aware of one's divine self and of the unity with all beings, but that this remains only a saying as long as one does not really want to recognize the nature and the deeds of the divine in the world. A person who only ever speaks of his divine self is like someone who does not want to know anything about tulips, violets, narcissi, roses, etc., but wants to lump everything together into the vague concept of “plant”. God can only recognize those who understand the world, and self-knowledge can only be attained by those who want to recognize the things around them, both sensual and supersensual. For man is the highest revelation of all things for man, and therefore knowledge of the world is at the same time self-knowledge. Therefore, those who do not want to be content with general phrases must acquire knowledge of the astral, mental, etc. world in order to attain self-knowledge. For all the phenomena of these worlds have a share in the human essence. Therefore, perfect self-knowledge and full God-consciousness are also an unattainable ideal. Only when one would recognize the whole world could one recognize oneself completely. It cannot be a matter of our knowing that a divine element lives in us, for a divine element lives in every stone, in every plant, in every animal. What matters is that we recognize more and more of the revelations of God in the universe. Let us therefore repeat less that theosophy is the consciousness of the unity of God with man, and let us seek to understand more of the secrets of the world, that is, of the divine workings in things. In this way we will also become more modest than if we always emphasize our consciousness of the God-man in us. Of course we carry this within us; but as a rule we know very little about it. It is better to have some real knowledge of what the astral or mental world looks like than to boast of a consciousness of God that remains an empty word without true, certain knowledge. Indeed, it is presumptuous to speak of this unity with God without wanting to delve deeper into the deeds of God in the universe. What use is it to always say: I am the son of this father. Learn from this father, acquire what he can and is able to do, then you will be his worthy son. Theosophy will only be true divine wisdom when it speaks clearly and distinctly of the higher worlds and avoids all vague expressions. How much a person appropriates from the knowledge of the higher worlds is another matter; but it depends on the will to knowledge. All unhappiness in the world comes from ignorance. But this is not overcome by the consciousness of the divine self within oneself. For even the ignorant can justifiably speak of his divine self. He has it; he just cannot recognize it. Theosophy should not be a show of divine consciousness, but a real learning of the divine secrets of the world, which give the key to genuine self-knowledge.
35. Wozu braucht der Theosoph Lehren und Theorien?
Es wird folgende Frage vorgelegt: «Ist es für den Theosophen von Wichtigkeit, daß er über die verschiedenen Teile des Menschen, über die Astral- und Mentalwelt, über die Entwickelung der Erde und Welt und so weiter sich unterrichte? Genügt es nicht, wenn er sich des «Gottmenschen» in sich selbst, der Einheit mit allen Wesen, und der Göttlichkeit aller Dinge bewußt werde? Wozu braucht er Lehren und Theorien?»
Dazu muß gesagt werden, daß es eine schöne Redensart ist, sich seines göttlichen Selbst und der Einheit mit allen Wesen bewußt werden, daß dies aber auch so lange nur eine Redensart bleibt, als bis man die Natur und die Taten des Göttlichen in der Welt wirklich erkennen will. Wer nur immer und immer wieder von seinem göttlichen Selbst spricht, der gleicht einem Menschen, der nichts wissen will von Tulpen, Veilchen, Narzissen, Rosen usw., sondern alles nur in den unbestimmten Begriff von «Pflanze» zusammenwerfen will. Gott kann nur erkennen, wer die Welt versteht, und Selbsterkenntnis kann nur haben, wer die Dinge um sich herum, sowohl sinnliche wie übersinnliche, erkennen will. Denn der Mensch ist für den Menschen die höchste Offenbarung aller Dinge, und deshalb ist Welterkenntnis zugleich Selbsterkenntnis. Wer also nicht mit allgemeinen Redensarten vorliebnehmen will, der muß zur Selbsterkenntnis die Erkenntnis der astralen, der mentalen usw. Welt sich erwerben. Denn alle die Erscheinungen dieser Welten haben Anteil an der menschlichen Wesenheit. Deshalb ist vollendete Selbsterkenntnis und volles Gottesbewußtsein auch ein unerreichbares Ideal. Erst wenn man die ganze Welt erkennen würde, könnte man sich ganz selbst erkennen. Nicht darum kann es sich handeln, daß wir wissen, daß ein Göttliches in uns lebt, denn ein Göttliches lebt in jedem Stein, in jeder Pflanze, in jedem Tier. Es kommt darauf an, daß wir immer mehr und mehr von den Offenbarungen Gottes im Weltall erkennen. Wiederholen wir daher weniger, daß Theosophie das Bewußtsein sei von der Einheit Gottes mit dem Menschen, und suchen wir mehr von den Geheimnissen der Welt, das heißt von dem göttlichen Wirken in den Dingen, wirklich zu verstehen. Dadurch werden wir auch bescheidener, als wenn wir immer unser Bewußtsein von dem Gottmenschen in uns betonen. Gewiß tragen wir diesen in uns; aber wir wissen in der Regel blutwenig von ihm. Es ist besser, einige wirkliche Kenntnisse davon zu besitzen, wie es in der astralen oder mentalen Welt aussieht, als mit einem Gottbewußtsein zu prunken, das ohne wahre, bestimmte Erkenntnisse doch nur ein leeres Wort bleibt. Ja, es ist sogar anmaßend, von dieser Einheit mit Gott zu sprechen, ohne sich auf weitere Vertiefung in die Taten Gottes im Weltall einlassen zu wollen. Was nützt es, wenn du immer sagst: Ich bin der Sohn dieses Vaters. Lerne von diesem Vater, eigne dir an, was er kann und vermag, dann bist du sein würdiger Sohn. Theosophie wird nur dann wahre göttliche Weisheit sein, wenn sie bestimmt und klar von den höheren Welten spricht und alle unbestimmten Redensarten vermeidet. Wieviel jemand von den Erkenntnissen der höheren Welten sich aneignet, das ist eine andere Sache; es kommt aber auf den Willen zur Erkenntnis an. Alles Unselige in der Welt kommt vom Nichtwissen. Dieses überwindet man aber nicht durch das Bewußtsein von dem göttlichen Selbst in sich. Denn auch der Unwissende kann mit vollem Recht von seinem göttlichen Selbst reden. Er hat es; nur erkennen kann er es nicht. Die Theosophie soll nicht sein ein Prunken mit einem göttlichen Bewußtsein, sondern ein wirkliches Lernen der göttlichen Weltgeheimnisse, die den Schlüssel geben zur echten Selbsterkenntnis.