Essays on Anthroposophy from the Journals “Lucifer” and “Lucifer-Gnosis” 1903-1908
GA 34
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31. On the Inheritance of Dispositions and Abilities
The following question has been asked: “According to the law of reincarnation, one should imagine that human individuality possesses its talents, abilities, etc. as an effect of its previous lives. Is it not contradictory that such talents and abilities, for example moral courage, musical talent, etc., are directly inherited from parents to children?”
If we have a correct understanding of the laws of reincarnation, rebirth and karma, there is no contradiction in what is expressed above. However, only those characteristics of a person that are attributed to his physical body and etheric body can be inherited directly. The latter is the carrier of all life phenomena (the growth and reproductive forces). Everything that is connected with it can be inherited directly. To a lesser extent, what is bound to the so-called soul body can be inherited. This is to be understood as a certain disposition in the feelings. Whether one has a keen sense of sight, a well-developed sense of hearing, etc., can depend on whether the ancestors have acquired such qualities and passed them on to us. On the other hand, nobody can pass on to their descendants what is connected with the actual spiritual nature of a person, for example the sharpness and precision of their imagination, the reliability of their memory, their moral sense, the knowledge and artistic abilities they have acquired, and so on. These are characteristics that remain within their individuality and manifest themselves in their next reincarnations as abilities, talents, character, and so on. But the environment into which the reincarnating human being enters is not accidental, but is in a necessary relationship with his karma. For example, let us assume that a person has acquired the disposition for a morally strong character in his previous life. It is in his karma that this disposition will come out in a reincarnation. This would be impossible if he were not incarnated in a body of a certain nature. This physical nature must, however, be inherited from the ancestors. The incarnating individuality now strives, through an inherent attraction, towards those parents who can give it the appropriate body. This is due to the fact that this individuality connects itself with the forces of the astral world before reincarnation, which strive towards certain physical conditions. Thus, a person is born into the family that can pass on the physical conditions corresponding to his karmic predispositions. In the example of moral courage, it seems as if this were inherited from the parents. In reality, the individual being has sought out the family that will enable it to develop moral courage. It may also be the case that the individualities of the children and parents were already connected in previous lives and have therefore found each other again. The karmic laws are so complex that one can never form a judgment based on outward appearances. Only those who have a partial insight into the higher worlds through their spiritual senses can do so to some extent. Those who are able to observe not only the physical body but also the soul organism (astral body) and the spirit (mental body) will realize what has been passed on to the person from his ancestors and what is his own property acquired in previous lives. To the ordinary eye, these things are mixed up and it can easily appear as if something is merely inherited that is karmically conditioned. It is a very wise saying that children are “given” to their parents. In a spiritual sense, they are completely given to them. But children with certain spiritual qualities are given to them because they have the opportunity to develop these spiritual qualities in their children.
31. Über Vererbung von Anlagen und Fähigkeiten
Folgende Frage ist gestellt worden: «Nach dem Gesetze der Wiederverkörperung sollman sich vorstellen, daß diemenschliche Individualität ihre Anlagen, Fähigkeiten usw. als eine Wirkung aus ihren früheren Leben besitzt. Steht damit nun nicht im Widerspruche, daß solche Anlagen und Fähigkeiten, zum Beispiel moralischer Mut, musikalische Begabung usw. sich unmittelbar von den Eltern auf die Kinder vererben?»
Bei einer richtigen Vorstellung über die Gesetze von Reinkarnation, Wiederverkörperung und Karma ist in dem oben Ausgedrückten kein Widerspruch zu finden. Unmittelbar vererben können sich allerdings nur diejenigen Eigenschaften des Menschen, die seinem physischen Körper und seinem Ätherkörper zukommen. Unter dem letzteren hat man den Träger aller Lebenserscheinungen (der Wachstums- und Fortpflanzungskräfte) zu verstehen. Alles, was damit zusammenhängt, ist unmittelbar zu vererben. In geringerem Maße schon ist vererbbar, was an den sogenannten Seelenleib gebunden ist. Darunter ist zu verstehen eine gewisse Disposition in den Empfindungen. Ob man einen lebhaften Gesichtssinn, ein gut entwickeltes Gehör usw. hat, das kann davon abhängen, ob sich die Vorfahren solche Eigenschaften erworben und auf uns vererbt haben. Dagegen kann niemand das auf seine Nachkommen übertragen, was mit dem eigentlich geistigen Wesen des Menschen zusammenhängt, also zum Beispiel die Schärfe und Genauigkeit seines Vorstellungslebens, die Zuverlässigkeit seines Gedächtnisses, den moralischen Sinn, die erworbenen Erkenntnis- und Kunstfähigkeiten und so weiter. Dies sind Eigenschaften, die innerhalb seiner Individualität beschlossen bleiben, und in seinen nächsten Reinkarnationen als Fähigkeiten, Anlagen, Charakter und so weiter zum Vorschein kommen. — Nun ist aber die Umgebung, in welche der sich wiederverkörpernde Mensch eintritt, nicht zufällig, sondern sie steht in einem notwendigen Zusammenhange mit seinem Karma. Man nehme zum Beispiel an, ein Mensch habe sich in seinem früheren Leben die Anlage zu einem moralisch starken Charakter erworben. In seinem Karma liege es, daß diese Anlage bei einer Wiederverkörperung herauskomme. Sie könnte das unmöglich, wenn er nicht in einem Leibe verkörpert würde, der von ganz bestimmter Beschaffenheit ist. Diese leibliche Beschaffenheit muß aber von den Vorfahren ererbt sein. Die sich verkörpernde Individualität strebt nun durch eine ihr innewohnende Anziehungskraft zu denjenigen Eltern hin, welche ihr den geeigneten Leib geben können. Das rührt ‘davon her, daß sich diese Individualität bereits vor der Wiederverkörperung mit den Kräften der Astralwelt verbindet, die zu bestimmten physischen Verhältnissen hinstreben. So wird der Mensch in diejenige Familie hineingeboren, die ihm die seinen karmischen Anlagen entsprechenden leiblichen Verhältnisse vererben kann. Es sieht dann in dem Beispiel vom moralischen Mut so aus, als ob dieser selbst von den Eltern vererbt wäre. In Wahrheit hat der Mensch durch seine individuelle Wesenheit sich diejenige Familie aufgesucht, die ihm die Entfaltung des moralischen Mutes möglich macht. Dabei kann auch noch in Betracht kommen, daß die Individualitäten der Kinder und der Eltern in früheren Leben bereits verbunden waren und sich gerade deshalb wieder gefunden haben. Die karmischen Gesetze sind so verwickelt, daß man niemals aus dem äußeren Anschein sich ein Urteil bilden kann. Nur derjenige kann das einigermaßen, vor dessen geistigen Sinnesorganen die höheren Welten zum Teil offen liegen. Wer außer dem physischen Leib auch noch den Seelenorganismus (Astralleib) und den Geist (Mentalkörper) zu beobachten vermag, dem wird klar, was auf den Menschen von seinen Vorfahren übergegangen und was sein eigenes, in früheren Leben erworbenes Besitztum ist. Für den gewöhnlichen Blick vermischen sich diese Dinge und es kann leicht so erscheinen, als ob etwas bloß angeerbt sei, was karmisch bedingt ist. — Es ist ein durchaus weises Wort, daß Kinder den Eltern «geschenkt» sind. Sie sind es in geistiger Beziehung ganz und gar. Aber es sind ihnen Kinder mit gewissen geistigen Eigenschaften deshalb geschenkt, weil sie gerade die Möglichkeit haben, diese geistigen Eigenschaften der Kinder zur Entfaltung zu bringen.