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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Collected Essays on Literature 1884-1902
GA 32

Automated Translation

94. A Few Words on the Previous

“Genius and Philistine” by Hermann Türck

I had not originally intended to respond to Hermann Türck's “reply”. I know how difficult it is to dissuade someone from their pet ideas in such cases, which they have - as is undoubtedly the case with Türck - acquired through years of diligent research. I would also avoid these few words if, to my sincere regret, Türck had not taken a very peculiar path in his polemic. At the end of my remarks on the “genius” (Magazin No. 20, p. 516), I indicated the easiest way in which I could be misunderstood and therefore apparently refuted. I do not quite understand why Hermann Türck is taking the easy way out that I myself have pointed out. No, words are not important to me; but they are to Hermann Türck. He wants to save the words that he has used to characterize the genius in his book. The genius is supposed to be characterized by selfless action, in contrast to the philistine, who acts selfishly. But I have now shown that the supposed selflessness of the genius is nothing but egoism, which is only directed at other things than the egoism of the everyday person. Hermann Türck thinks he can agree with this: if I distinguish between egoism a (in the philistine) and egoism b (in the genius). He calls only the egoism b selflessness. But I do not distinguish between egoism a and egoism b. Rather, the egoism of the genius is exactly the same as that of the everyday person. When the king of Persia offers Alexander half of his kingdom and he is not satisfied with it, while Parmenion would be, then Alexander is undoubtedly the more brilliant, but Parmenion is undoubtedly the more selfless. But that only proves that the degree of egoism or selflessness has nothing to do with genius. But Alexander has a greater intellectual power of procreation, a greater productivity of action than Parmenion. This power of procreation wants to be discharged. Therefore he chooses the greater, which gives his power of procreation more opportunity for activity. But in terms of the degree of egoism, he is no different from the Philistine, of whom, as is well known, the saying also says: if you give him an inch, he will take a yard. I knew a person who was the most selfless person imaginable. He was not absorbed in caring for his own self, but completely absorbed in altruistic work for others. However, this person, who was selfless in the most eminent sense, had nothing at all that was ingenious. He was an excellent – nanny. No, if you want to explain genius, egoism and altruism are of no concern to you; it is only the procreative power of man. This, and not selflessness, is highly developed in people of genius. I was right to use the example of Darwinism as a reinterpretation of the story of creation. For there are people who would prefer to speak like this: It pleased the Almighty to create man from ape-like mammals in the struggle for existence. If a Haeckelian now comes along and says: not the Almighty, but causal necessity created man, then Türck, if he were to speak in the same style as he fights me, could reply: What you call causal necessity is just another almighty creator. I have nothing against your distinguishing between Creator a (wise, almighty God) and Creator b (causal necessity). Now, I think that Hermann Türck should not have voluntarily fallen into the trap of the “play on words” that I set up at the end of my essay.

94. Ein Paar Worte zu dem Vorigen

«Genie und Philister» von Hermann Türck

Ursprünglich hatte ich nicht vor, auf Hermann Türcks «Erwiderung» etwas zu entgegnen. Denn ich weiß, wie wenig in solchen Fällen jemand von Lieblingsvorstellungen abzubringen ist, die er sich - wie das bei Türck zweifellos der Fall ist - durch jahrelanges, emsiges Forschen errungen hat. Ich würde auch diese paar Worte vermeiden, wenn nicht Türck zu meinem aufrichtigen Bedauern in seiner Polemik einen ganz absonderlichen Weg betreten hätte. Ich habe am Schlusse meiner Ausführungen über den «genialen Menschen» (Magazin Nr. 20, Sp. 516) den bequemsten Weg angegeben, auf dem ich missverstanden und deshalb scheinbar widerlegt werden kann. Ich begreife nicht recht, warum Hermann Türck gerade diesen von mir selbst vorgezeichneten bequemen Weg betritt. Nein, auf Worte kommt es wahrlich mir nicht an; wohl aber Hermann Türck. Er will die Worte retten, die er zur Charakteristik des genialen Menschen in seinem Buche angewendet hat. Das Genie soll durch selbstloses Handeln gekennzeichnet sein, im Gegensatz zum Philister, der egoistisch handelt. Ich habe nun aber gezeigt, dass die vermeintliche Selbstlosigkeit des Genies nichts ist wie Egoismus, der sich nur auf andere Dinge richtet als der Egoismus des Alltagsmenschen. Hermann Türck meint, er könne damit einverstanden sein: wenn ich zwischen Egoismus a (beim Philister) und Egoismus b (beim Genie) unterscheide. Er nenne nur den Egoismus b Selbstlosigkeit. Aber ich unterscheide eben gar nicht zwischen Egoismus a und Egoismus b. Sondern der Egoismus des Genies ist genau der gleiche wie der des Alltagsmenschen. Wenn der Perserkönig dem Alexander die Hälfte seines Reiches anträgt und dieser damit nicht zufrieden ist, während es Parmenion sehr wohl wäre, so ist in diesem Falle zweifellos Alexander der genialischere, aber ebenso zweifellos Parmenion der selbstlosere. Das beweist aber nur, dass der Grad des Egoismus oder der Selbstlosigkeit überhaupt nichts mit dem Genie zu tun hat. Aber Alexander hat eine größere geistige Zeugungskraft, eine größere Produktivität der Tat als Parmenion. Diese Zeugungskraft will sich entladen. Deshalb wählt er das Größere, das seiner Zeugungskraft mehr Gelegenheit zur Betätigung gibt. In Bezug auf den Grad des Egoismus unterscheidet er sich aber gar nicht von dem Philister, von dem bekanntlich auch das Sprichwort sagt: wenn man ihm den kleinen Finger reicht, will er die ganze Hand. Ich kannte eine Person, die war das Selbstloseste, was sich denken lässt. Sie ging gar nicht in der Sorge um das eigene Selbst auf, sondern ganz in altruistischem Wirken für anderes. Diese im eminentesten Sinne selbstlose Person hatte aber gar nichts Genialisches. Sie war eine vorzügliche — Kinderfrau. Nein, wenn man das Genie erklären will, geht einem der Egoismus und der Altruismus gar nichts an; sondern eben nur die Zeugungskraft des Menschen. Diese, und nicht die Selbstlosigkeit ist bei den genialischen Menschen aufs höchste gesteigert. Das Beispiel mit dem Darwinismus als umgedeutete Schöpfungsgeschichte habe ich mit Recht angeführt. Denn es gibt Leute, die am liebsten also sprechen würden: Es hat dem Allmächtigen gefallen, aus affenähnlichen Säugetieren im Kampf ums Dasein den Menschen zu schaffen. Wenn nun ein Haeckelianer kommt und sagt: nicht der Allmächtige, sondern die kausale Notwendigkeit hat den Menschen entstehen lassen, so könnte ihm Türck, wenn er in dem Stile sprechen würde, in dem er mich bekämpft, entgegnen: Was du kausale Notwendigkeit nennst, ist nur ein anderer allmächtiger Schöpfer. Ich habe gar nichts dagegen, dass du zwischen Schöpfer a (weiser, allmächtiger Gott) und Schöpfer b (kausale Notwendigkeit) unterscheidest. Nun ich meine, in der am Schlusse meines Aufsatzes errichteten Falle mit dem «Spiel mit Worten» hätte sich Hermann Türck doch nicht freiwillig fangen sollen.