Collected Essays on Philosophy, Science, Aesthetics and Psychology 1884–1901
GA 30
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64. Anton von Werner
(regarding a statement he made against modern painting)
Anton von Werner, the director of the Berlin Academy of Fine Arts, made a merciless condemnation of the modern direction in painting in a speech he recently gave at the prize-giving ceremony in his institution. His sentences sound as if he had artificially closed his eyes to all the important things that this direction has already produced and to all the seeds that still promise many great things for the future. Von Werner defends tradition, the tried and tested, against the search for new ways of creating. It seems as if he wanted to defend the old, the established, even where it has been led in descending development to the template, to the soullessly formal. He looks back over the last quarter of a century and finds that either nothing new has been created during this time, or that the new is not good. Von Werner makes things easy for himself. He merely classifies the bad as new and the good as old. This is not the case, because anyone who claims this must lack the organs for the fresh, free trait of modern painting that is independent of tradition. But it does make it possible to speak strong, full-throated words of anger about the tawdriness, ugliness and dilettantism of the new direction.
Anton von Werner
(betr. einen Ausspruch desselben gegen die moderne Malerei)
Anton von Werner, der Leiter der Berliner Hochschule für bildende Künste, hat in einer Rede, die er vor kurzem bei der Preisverteilung in seiner Anstalt gehalten hat, über die moderne Richtung in der Malerei ein unbarmherziges Verdammungsurteil ge- fällt. Seine Sätze klingen so, als wenn er künstlich die Augen geschlossen hätte vor all dem Bedeutenden, das diese Richtung schon hervorgebracht hat, und vor all den Keimen, die für die Zukunft noch manches Große versprechen. Von Werner verteidigt die Tradition, das Bewährte gegenüber dem Suchen nach neuen Schaffensweisen. Es scheint, wie wenn er das Alte, das Hergebrachte auch da verteidigen wollte, wo es in absteigender Entwickelung zur Schablone, zum seelenlos Formellen geführt hart. Er blickt auf den Zeitraum des letzten Vierteljahrhunderts zurück und finder, daß in dieser Zeit überhaupt entweder nichts Neues geschaffen worden ist, oder daß das Neue nicht gut ist. Von Werner macht sich die Sache leicht. Er rechnet bloß das Schlechte zu dem Neuen, das Gute dagegen zu dem Alten. Das trifft zwar die Sache nicht, denn wer solches behauptet, dem müssen die Organe fehlen für den frischen, freien, von der Tradition unabhängigen Zug der modernen Malerei. Aber es ermöglicht, über die Abgeschmacktheit, Häßlichkeit und den Dilettantismus der neuen Richtung kräftige, volltönende Zornesworte zu sprechen.