Collected Essays on Philosophy, Science, Aesthetics and Psychology 1884–1901
GA 30
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57. Dr. R.V. Koeber - The Question of Life
An epistemological study. Leipzig 1892
Eduard von Hartmann represents the so-called transcendental realism in epistemology. This assumes the ideality of the world of appearances given to us, but claims that the content of the same must be related transcendentally to a trans-subjective thing in itself. It is based on the view that our world of sense and thought, which exists in the forms of space, time and causality, has a thoroughly subjective character, but that this world comes about through the influence of an objective world on our subject. In this way, he believes he can overcome the illusionism that threatens to dissolve the whole of reality into a sum of subjective phenomena, behind which there is nothing objective. This epistemological view arose from the realist elements of Kant's "Critique of Pure Reason", which is a very unclear confusion of idealism and realism. Anyone who looks at this transcendental realism with a reasonably unbiased eye must come to the conviction that the "thing in itself" hypothetically assumed by it is nothing more than a depository for all kinds of unclear ideas. The Christian belief in revelation can place its entire heaven with all its angels, the spiritualist all his spirits in that dark region where the "thing in itself" proliferates. That the latter case can really occur is fully demonstrated by the book before us. Dr. Koeber embeds the whole spiritualistic belief of Aksakov and his comrades in the comfortable camp of the "thing in itself". Transcendental realism is opposed to immanent monism, which is rooted in the following propositions: 1. the world given to us can be explained by itself, without the aid of an external principle. 2. there is no necessity for the assumption of a "thing-in-itself" in our entire conceptual system. 3. the assumption that the world given to us is merely a sum of ideas is an unjustified one.
Because transcendental realism makes the assumption indicated in point 3, it must declare the world to be an illusion if it is not founded in a "thing-in-itself". In this assumption, however, lies the fundamental error of this view. To declare the entire content of the world to be an illusion makes no sense at all. The idea that something is an illusion is only justified if it turns out that this "something" is not truly the same as the thing it was thought to be according to certain characteristic properties. For this to be the case, however, the other thing with which the confusion has taken place must exist at all. The entire content of the world cannot, however, be confused with any other. Such an absolutization of the concept of illusion is a contradiction in terms.
Eduard von Hartmann's great philosophical creations are based on the fact that he does not take transcendental realism as the basis for natural and historical science, but rather immanent, concrete monism. In this way he founded that idealistic-evolutionist direction of science which alone leads to a rational world view. Because of this fact, I am not about to count the "Phenomenology of Moral Consciousness" and "The Religious Consciousness of Mankind" among the most important philosophical creations that exist. But "transcendental realism" seems to me to spring from an error and to lead to innumerable aberrations. Koeber's book is one of them.
Dr.R.V. Koeber - Die Lebensfrage
Eine erkenntnistheoretische Studie. Leipzig 1892
Eduard von Hartmann vertritt in der Erkenntnistheorie den sogenannten transzendentalen Realismus. Dieser nimmt die Idealität der uns gegebenen Erscheinungswelt an, behauptet aber, daß der Inhalt derselben auf ein transsubjektives Ding an sich transzendental bezogen werden müsse. Er geht von der Ansicht aus, daß unsere in den Formen des Raumes, der Zeit und der Kausalität vorhandene Sinnes- und Gedankenwelt durch und durch subjektiven Charakter habe, daß jedoch diese Welt durch die Einwirkung einer objektiven auf unser Subjekt zustande komme. Er glaubt auf diese Weise den Illusionismus zu überwinden, der die ganze Wirklichkeit in eine Summe subjektiver Erscheinungen aufzulösen droht, hinter denen nichts Objektives steckt. Diese erkenntnistheoretische Ansicht ist durch die realistischen Elemente von Kants «Kritik der reinen Vernunft» entstanden, die ein ganz unklares Durcheinander von Idealismus und Realismus ist. Wer nur mit einigermaßen unbefangenem Blicke diesen transzendentalen Realismus ansieht, der muß zu der Überzeugung kommen, daß jenes von ihm hypothetisch angenommene «Ding an sich» aber weiter nichts ist als eine Ablagerungsstätte für alle möglichen unklaren Vorstellungen. Der christliche Offenbarungsglaube kann seinen ganzen Himmel mit sämtlichen Engeln, der Spiritist all seine Spirits in jene dunkle Region versetzen, wo das «Ding an sich» wuchert. Daß letzterer Fall wirklich eintreten kann, dafür ist das uns vorliegende Buch ein vollgültiger Beweis. Dr. Koeber bettet den ganzen spiritistischen Glauben der Aksakow und Genossen in das bequeme Lager des «Ding an sich». Dem transzendentalen Realismus steht der immanente Monismus gegenüber, der in folgenden Sätzen wurzelt: 1. Die uns gegebene Welt ist aus sich selbst erklärbar, ohne Zuhilfenahme eines außerhalb liegenden Prinzips. 2. Für die Annahme eines «Ding an sich» findet sich in unserem ganzen Begriffssysteme keine Notwendigkeit. 3. Die Annahme, daß die uns gegebene Welt bloß eine Summe von Vorstellungen ist, ist eine unberechtigte.
Weil der transzendentale Realismus die in Punkt 3 angedeutete Annahme macht, muß er die Welt für eine Illusion erklären, falls sie nicht in einem «Ding an sich» gegründet ist. In dieser Annahme liegt aber auch der Grundirrtum dieser Anschauung. Den gesamten Weltinhalt für Dlusion zu erklären, hat überhaupt gar keinen Sinn. Die Vorstellung, daß etwas eine Illusion ist, hat nur Berechtigung, wenn es sich herausstellt, daß jenes «Etwas» der Sache nicht wahrhaftig gleichkommt, wofür man sie gewissen charakteristischen Eigenschaften nach gehalten hat. Dazu muß aber jenes andere, mit dem die Verwechselung stattgefunden hat, überhaupt existieren. Den gesamten Weltinhalt kann man aber doch nicht mit irgendeinem anderen verwechseln. Eine solche Verabsolutierung des Begriffes der Illusion ist ein Widerspruch in sich selbst.
Eduard von Hartmanns großartige philosophische Schöpfungen beruhen darauf, daß er in der Natur- und Geschichtswissenschaft nicht den transzendentalen Realismus, sondern den immanenten, konkreten Monismus zugrunde legt. Dadurch hat er jene idealistisch-evolutionistische Richtung der Wissenschaft begründet, die allein zu einer vernünftigen Weltanschauung führt. Ich stehe nicht an, wegen dieses Umstandes die «Phänomenologie des sittlichen Bewußtseins» und «Das religiöse Bewußtsein der Menschheit» zu den bedeutendsten philosophischen Schöpfungen zu zählen, die es gibt. Der «transzendentale Realismus» aber scheint mir aus einem Irrtum zu entspringen und zu unzähligen Verirrungen zu führen. Das Koebersche Buch ist eine solche.