Collected Essays on Philosophy, Science, Aesthetics and Psychology 1884–1901
GA 30
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50. Wilhelm Schölermann - Freilicht!
A plein-air study. Düsseldorf 1891
The pamphlet deals with a question that has a profound impact on contemporary art: to what extent is realism in painting, and specifically in the form most clearly represented by Liebermann and Uhde, artistically justified? It is debatable whether the whole question is justified at all. The artist creates as he can and does not ask about aesthetic principles. If someone has a special disposition for the faithful, unimaginative reproduction of nature and a special eye for certain ugly aspects of it, his works will bear a corresponding imprint. Whether aesthetics then assigns such works a higher or lower rank is, of course, another matter. Momentary, fashion-dependent judgments may perhaps, for a short time, evaluate the creations of art completely differently from aesthetics. The latter must not allow itself to be swayed by this. Only those who keep their judgment free from the whims of contemporary taste and have firm principles can be considered scientifically educated aesthetes. Artists will always be in harmony with the principles of such aesthetics, even if they are not fully aware of them. But a scientific aesthetic will never go after the what, the material of the artwork, but always the how, what the artist has formed from the material. This is what Heine is aiming at when he says: "The great error is always that the critic raises the question: what should the artist do? It would be much more correct to ask: what does the artist want?" Schölermann quotes this passage on page 41, but I find that he takes it far too little to heart in the course of his remarks. Otherwise his investigation would have to focus on the question: what do modern artists want, and what can they achieve in the way they create? They want to reproduce a faithful image of nature. But the means with which the painter works are far fewer in number than those with which nature itself creates. The painter can work nothing into his picture except the projection of form onto a two-dimensional space, chiaroscuro and color. Apart from these means, what else does nature have at its disposal to produce a landscape, a person? And yet the painter must produce a similar total effect with his few means as nature does with its excess. It follows that he will have to shape the color, the contour and so on in detail differently from nature if he wants to achieve the latter in the overall impression. Reproduction of nature as a whole requires manifold deviations in detail. The author does not seem to know this basic maxim of all aesthetic considerations; therefore, his attempt appears to us to be unprincipled towards science, as a whimsical collection of aphorisms that lack the right foundation; uncharitable towards painting, judging according to preconceived opinions, not taking into account that only the selfless immersion in the creations of an artist like Uhde entitles him to a judgment.
Wilhelm Schölermann - Freilicht!
Eine Plein-air-Studie. Düsseldorf 1891
Das Schriftchen behandelt eine in das Kunstleben der Gegenwart tief eingreifende Frage: inwiefern ist der Realismus in der Malerei, und zwar in jener Form, wie er sich am deutlichsten bei Liebermann und Uhde darstellt, künstlerisch gerechtfertigt? Es ließe sich erst darüber streiten, ob denn die ganze Fragestellung überhaupt gerechtfertigt ist. Der Künstler schafft, wie er kann, und fragt nicht nach ästhetischen Prinzipien. Wenn irgend jemand besondere Anlage hat zur treuen phantasielosen Wiedergabe der Natur und ein besonderes Auge für gewisse häßliche Seiten derselben, so werden seine Werke ein dementsprechendes Gepräge tragen. Ob die Ästhetik dann solchen Werken einen höheren oder niederen Rang anweist, ist freilich eine andere Sache. Momentane, von der Mode abhängige Urteile mögen die Schöpfungen der Kunst vielleicht für eine kurze Zeit völlig anders abschätzen als die Ästhetik. Die letztere darf sich dadurch nicht beirren lassen. Nur wer sein Urteil frei erhält von den Launen des Zeitgeschmackes und feste Prinzipien hat, kann als wissenschaftlich gebildeter Ästhetiker in Betracht kommen. Mit den Prinzipien einer solchen Ästhetik werden die Künstler aber immer im Einklang stehen, selbst wenn sie sich dessen nicht voll bewußt sind. Nur wird eine wissenschaftliche Ästhetik nie auf das Was, auf den Stoff der Kunstwerke losgehen, sondern stets auf das Wie, auf das von dem Künstler aus dem Stoffe Geformte. Darauf zielt es, wenn Heine sagt: «Der große Irrtum besteht immer darin, daß der Kritiker die Frage aufwirft: was soll der Künstler? Viel richtiger wäre die Frage: was will der Künstler?» Schölermann zitiert auf Seite 41 diese Stelle, aber ich finde, daß er sie im Verlaufe seiner Ausführungen viel zu wenig beherzigt. Sonst müßte sich seine Untersuchung auf die Frage zuspitzen: was wollen die modernen Künstler, und was können sie in der Art, wie sie schaffen, erreichen? Sie wollen ein treues Abbild der Natur wiedergeben. Aber die Mittel, mit denen der Maler arbeitet, sind viel geringer an Zahl als die, mit denen die Natur selbst schafft. Der Maler vermag in sein Bild nichts hineinzuarbeiten als die Projektion der Form auf eine zweidimensionale Raumgröße, das Hell-Dunkel und die Farbe. Was steht der Natur außer diesen Mitteln noch alles zur Verfügung, um eine Landschaft, eine Person hervorzubringen? Und doch muß der Maler mit seinen wenigen Mitteln eine ähnliche Totalwirkung hervorbringen wie die Natur mit ihrem Übermaße. Daraus folgt, daß er die Farbe, die Kontur und so weiter im einzelnen wird anders gestalten müssen als die Natur, wenn er in dem Gesamteindruck die letztere erreichen will. Wiedergabe der Natur im ganzen bedingt mannigfache Abweichung im einzelnen. Diese Grundmaxime aller ästhetischen Betrachtungen scheint der Verfasser nicht zu kennen; deshalb erscheint uns sein Versuch der Wissenschaft gegenüber prinzipienlos, als launenhafte Sammlung von Aphorismen, denen die rechte Grundlage fehlt; der Malerei gegenüber lieblos, nach vorgefaßten Meinungen abutrteilend, nicht berücksichtigend, daß nur die selbstlose Vertiefung in die Schöpfungen eines Künstlers wie Uhde zu einem Urteile berechtigt.